KEINE MACHT DEN DOOFEN

Was ich schon immer mal loswerden wollte

  1. Einleitung

  2. Der "Rechtsstaat"

  3. Arbeitslosigkeit

  4. Gleichberechtigung

  5. Religion

  6. Politiker

Der "Rechtsstaat"

Auf dieser Seite:

ein paar Bonmots

Je mehr einem ein besserer Anwalt bringt, desto größer das Versagen des "Rechtsstaats". Die Justiz ist kein Zehnkampf für Anwälte, sondern hat den Bürger zu schützen – im Zweifelsfall auch vor ihr selbst.

ich

Die an pathologischen Fällen geschulten Juristen wirken als innovationsfeindliche Oberbedenkenträger.

Prof. Peter Huber, Vorsitzender des Deutschen Juristen-Fakultätentags (Quelle)

Grundsätzliches (von mir)

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Was ist Recht?

Es gibt sicherlich eine Unmenge Literatur, die sich mit der zugegebenermaßen etwas schwammigen Frage, was Recht ist, befasst. Die wesentliche Frage, wie ein Rechtssystem beschaffen sein muss, scheint mir dabei zu kurz zu kommen; jedenfalls ist von der Antwort darauf in der Praxis nicht viel zu spüren.

Meiner Ansicht nach muss ein Rechtssystem folgende (strukturelle) Anforderungen erfüllen, um brauchbar zu sein:

  1. Verständlichkeit – Es muss für jedermann verständlich sein.

  2. Reproduzierbarkeit und Prognostizierbarkeit – Es sind nicht nur alle vor Gericht gleich, sondern auch vor allen Richtern gleich (sogut es eben geht).

  3. Kosten – Es muss bezahlbar sein.

  4. Verfahrensdauer – Es muss in kurzer Zeit zu Ergebnissen führen.

  5. Qualität – Diese Ergebnisse müssen brauchbar sein.

Verständlichkeit

Ich halte es für unvereinbar mit der Würde des Menschen, diesem so überstrapazierten Rechtsgut (wenn man sich nicht anders zu helfen weiß...), dass man den Bürger unter Rechtsnormen zwingt, die er weder kennen noch verstehen kann. Im Grunde steht ja jeder Bürger, der nicht das Bundesgesetzblatt liest, mit einem Bein im Knast. Könnte ja sein, dass der Bundestag sich mal zu so unsäglichem Schwachsinn entblödet wie der Jugendpornografie, die zwar kein erkanntes Problem löst, aber genügend harm- und arglose Bürger kriminalisiert. Wir schützen den Konsumenten vor Drückerkolonnen und anderen unseriösen Vertriebssituationen. Wer schützt den Bürger vor unseriösen Parlamentariern?

Welcher Bürger kennt denn schon das StGB? Man hält sich für gesetzestreu, weil man nichts tut, das einem bedenklich vorkommt. Das ist nur – leider – keine juristische Kategorie. Der bekannte Spruch Unwissenheit schützt vor Strafe nicht illustriert das Problem. Wann kann man vorgeben, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützen soll? Wo wurde denn festgelegt, was die "in der Staatsbürgerlichkeit erforderliche Sorgfalt" ist? Muss der Staat sich nicht aktiv darum kümmern, dass seinen Bürgern alles Notwendige bekannt gemacht wird? Muss man Knast riskieren, wenn man nicht die Tagesschau sieht und keine Zeitung liest? 25% der Bundesbürger latent arglos kriminell?

Ich habe vor einiger Zeit mal gehört oder gelesen, dass für jeden Deutschen etwa 20.000 Vorschriften gelten sollen, wenn er anfängt zu arbeiten, 50.000. Ob das stimmt, ob es nur 200 und 500 sind, ist fast egal. Das Problem ist klar. Auch wenn vieles davon für die meisten Bürger nicht relevant ist, muss man konstatieren, dass kein normaler Mensch das kennen kann. Ob es Juristen gibt, die da den Überblick haben, ist belanglos, denn die Gesetze sollen ja auch für Leute gelten, die sinnvoller Arbeit nachgehen. Ich halte es daher für geboten, den Umfang an Normen zu limitieren. Das ist praktisch natürlich schwierig, aber diese Zielrichtung muss immer präsent sein: so wenig wie möglich!

Das war jetzt nur der quantitative Aspekt. Das qualitative Problem ist, dass man viele Gesetze als Normalmensch einfach nicht versteht. Der absolute Hammer in dieser Hinsicht ist ein Argument, mit dem bei einer Diskussion zwischen den Vertretern der Verlage für juristische Literatur einerseits und der (damaligen) Bundesregierung andererseits die angedachte verbindliche Veröffentlichung aller Gesetze durch die Bundesregierung im Internet kritisiert wurde: Gesetze seien in einer juristischen Fachsprache verfasst. Deshalb solle man den Bürger nicht auf unkommentierte Gesetzestexte loslassen. Das ist ja mal gut zu wissen. Warum soll ich mich an ein Gesetz gebunden fühlen, dass ich – als pars pro toto der nichtjuristischen Bevölkerung – ohne fremde Hilfe nicht verstehe? Ergibt das irgendeinen Sinn? Nein.

Das führt im nächsten Schritt zu dem praktischen Problem der Juristenausbildung. Die Durchfallquoten und die Notenverteilung der Juristen sind erbärmlich. Zyniker könnten nun mit der Begabung derjenigen argumentieren, die sich für diesen Studiengang entscheiden... Tatsache ist, dass der Bürger am Ende den ganzen Schwachsinn bezahlt. Hier wird ein künstliches Problem geschaffen, um einen ganzen Berufsstand in Lohn und Brot zu halten. Dass die Ausbildung und die Begabung der Komplexität und Schwierigkeit des Problems angemessen sein müssen, ist klar. Kaum jemand ist in der Lage, sich mit der Quantentheorie auseinanderzusetzen. Vor theoretischen Physikern haben sogar Mathematiker Angst. Aber die Komplexität und Schwierigkeit der Quantentheorie wird von der Natur vorgegeben, die können wir uns nicht aussuchen. Die Komplexität und Schwierigkeit des Rechtssystems sind eine vorsätzliche Sabotage der juristischen Kaste gegen den Staat.

Die einzige akzeptable Situation ist daher die, dass man das passende Gesetz aufschlägt und dort alles findet, was für die Lösung des Problems relevant ist. Dass man wissen muss, dass sich zu einem Problem fünf Normen im BGB finden, über hunderte von Paragraphen verteilt und ohne expliziten Bezug aufeinander, schafft keinen rechtlichen Mehrwert. Wenn es jemand erstrebenswert findet, so etwas auswendig zu lernen und damit anzugeben, soll er das tun. Aber er soll bitte nicht vom Bürger erwarten, dass er ihm für diese Sinnlosigkeit (zwangsweise) ein fettes Gehalt zahlt.

Es kann auch nicht sein, dass der Bürger – kostspielig – einen Anwalt konsultieren muss, um sich über seine rechtliche Situation klar zu werden (siehe Protektion der Anwälte aus dem Dritten Reich). Der Bürger darf sich ein Buch kaufen – und es falsch verstehen. Er darf aber nicht jemanden fragen, der nicht das staatlich verliehene Recht, es falsch verstanden zu haben und ihm falsch mitzuteilen, besitzt (also Anwalt ist). Dass es zum Himmel stinkt, dass der Stand der Anwälte heute noch durch ein Gesetz geschützt wird, das die Nazis gegen jüdische Rechtsanwälte eingesetzt haben, muss unter Normalbürgern (und Anstandsdenken wird sicher nicht primär im Jurastudium vermittelt, das haben auch andere) nicht diskutiert werden. Offenbar ist der wirtschaftliche Nutzen derart hoch, dass man besser mit dieser Schande lebt als ohne ihren finanziellen Schirm. Recht und Gesetz haben eben nicht immer viel miteinander zu tun. Für eine praktische Lösung (auch) dieses Problems sollte die Bundesregierung verpflichtet werden, für die häufigsten Rechtsprobleme eine (computerbasierte) Internetberatung einzurichten. Die Software fragt die relevanten Eckdaten ab, verweist auf die Beweislast und zeigt die Gesetzeslage. Es ist unanständig, in der (subjektiven) Rechtsunsicherheit der Bürger einen Markt zu sehen. Ein solcher technischer Ansatz kann in komplexerer Form auch dazu beitragen, Urteile reproduzierbarer zu gestalten.

Ein weiteres Riesenproblem in diesem Zusammenhang ist das ausufernde Richterrecht. Dieses ist an sich nicht sinnvoll vermeidbar und auch nicht problematisch. Inakzeptabel ist es, dass manche Rechtsbereiche ohne umfassende Kenntnis der Rechtsprechung nicht mehr sinnvoll erfasst werden können. Jeder solche Fall, in dem ein allgemeines Prinzip entwickelt wird, muss für den Gesetzgeber ein Alarmsignal sein, denn dann hat sich eine Regelungslücke aufgetan. Es sollte selbstverständlich sein, dass der Rechtsausschuss des Bundestags sich mit allen solchen Entscheidungen der Bundesgerichte befasst und entscheidet, ob die Fragestellung relevant genug ist, um ins Gesetz übernommen zu werden. Die Gesetze sind dem Bürger leicht zugänglich, die Urteile nicht. Es kann nicht sein, dass man dem Bürger ein Gesetz (etwa das GmbH-Gesetz) vorlegt, das auf Grund seiner Überwucherung mit Rechtsprechung beinahe wertlos geworden ist. Richterrecht kann in einem bürgernahen Rechtsstaat immer nur temporär relevant sein (bis zu einer Entscheidung des Gesetzgebers). Das hätte dann auch den strukturellen Vorteil, dass schlechte Gesetze in Form von Mehrarbeit und Peinlichkeit auf den Gesetzgeber zurückfielen. Es ist auch zu überlegen, ob nicht die Bundesgerichte vor einem Urteil die Meinung des Rechtsausschusses einholen sollten. Bei der Handhabung von Regelungslücken kann man sowieso nicht damit argumentieren, dass eine Entscheidung sich klar aus der (alten) Rechtslage ergebe. Deshalb kann der Gesetzgeber, dem die Entscheidung sowieso obliegt, Einfluss auf das Urteil nehmen, ohne dass dies die Gewaltenteilung berührt. Niemandem ist geholfen, wenn in einem Einzelfall entgegen der kurz darauf geänderten Rechtslage entschieden wird.

Ein weiteres Drama ist die Verlässlichkeit des Gesetzestexts im Sinne der Auslegung. In einigen Fällen sind Rechtsfolgen daran gebunden, dass ein Handeln geschäftsmäßen Umfang hat. Aber was ist das? Das bezieht sich nicht aufs Gewinnstreben (das wäre gewerbsmäßig). Es macht also jeder Richter daraus, was ihm gefällt. Das Bundesverfassungsgericht meint dazu: Das Gebot der Normenbestimmtheit und der Normenklarheit […] soll die Betroffenen befähigen, die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung zu erkennen, damit sie ihr Verhalten danach ausrichten können. Ein Gesetz, das den Bürger mit der Frage, was er darf, den Gerichten ausliefert, ist für die Tonne. Damit wird nämlich auch gleich der eherne Grundsatz nulla poena sine lege aufgehoben. Wenn ein Gericht das Gesetz so ergänzt, dass eine Tat plötzlich davon erfasst wird, ist das in der Wirkung dasselbe, als hätte man das Gesetz rückwirkend geändert.

Was rechtlich Sache ist, weiß der Bürger erst nach Jahren – wenn jemand mit Geld und Nerven die Frage bis vor den BGH gebracht hat. Und plötzlich fallen dutzende niederinstanzlicher Urteile um (nein, rechtlich tun sie das natürlich nicht...), die im Grunde nichts anderes waren als Würfeln. Es ist ungeheuerlich, dass die Justiz bzw. der Rechtsstaat diesen Wahnsinn zulässt. Man weiß vorab ganz genau, dass man einen Riesenaufwand (an sinnlosen Verfahren) verursacht: an Geld, an Zeit und an Belastung der Rechtsstaatlichkeit durch die geradezu vorsätzliche Rechtsunsicherheit, die man schafft. Da man das Versagen des Rechtsstaats nicht dem Bürger umhängen kann, muss der Instanzenweg umgekehrt werden. Geht es um so eine grundsätzliche Interpretationsfrage, geht die Sache sofort zum BGH (ohne dass dem Bürger dadurch höhere Kosten entstehen). Alle Verfahren ruhen bis zu dessen Entscheidung (weil sie im Ergebnis sowieso nur Würfeln wären, und dafür bezahlt man keinen Richter). Und weil auch in dieser Variante der Bürger dem Risiko ausgesetzt ist, dass die Gerichte das Gesetz anders interpretieren als er, sollten die Bundesgerichte Gesetze um Auslegungsvorschriften ergänzen, bevor es zum Streit kommt. Die Bundesgerichte sollten sich alle sie betreffenden neuen Gesetze ansehen und auf solche Unklarheiten prüfen. Finden sie welche, dann erlassen sie dazu, ggf. nach einer Art öffentlichen Anhörung, eine bindende Vorgabe.

Reproduzierbarkeit und Prognostizierbarkeit von Urteilen

Wichtig ist, was hinten rauskommt, das haben wir von einem "großen" Deutschen gelernt... Das gilt auf jeden Fall auch für das Rechtssystem. Wenn das in der Praxis versagt, kann man das nicht mit wohlfeilen juristischen Floskeln überdecken. Praxis heißt, dass der Bürger verlässlich das bekommt, was er erwarten durfte. Der Bürger bezahlt die Richterschaft nicht dafür, dass sie ihr Ego und ihre persönlichen Theorien auslebt. Richter sind Dienstleister des Rechts, die man nur hat, weil man sie braucht – weil Computer noch nicht gut genug sind, um deren Arbeit zu übernehmen. Die Persönlichkeit eines Richters hat keine Rolle zu spielen, denn es wäre albernes Formalitätengeplärre, Artikel 3 (1) des Grundgesetzes, Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich, dahingehend zu interpretieren, dass nur alle vor demselben Richter jeweils gleich sein müssen, nicht aber (unter denselben Normen!) vor unterschiedlichen Richtern. Willkür ist Willkür, egal, an welcher Front sie stattfindet. Mit einer systematischen Ungleichheit ließe sich dabei praktisch noch besser leben als mit den aktuellen Zufallsphänomenen.

Der Ausspruch, dass vor Gericht gewürfelt werde, hat vermutlich schon historischen Wert. Das werden die Juristen wohl rundheraus bestreiten und auf die vermeintlich hochwertigen Denkprozesse verweisen, die zu einem Urteil führen. Es muss aber die Frage gestattet sein, was eigentlich – beobachtbar und damit überprüfbar – ein würfelndes Gericht von einem nicht würfelnden unterscheidet. Im einfachsten Fall – Klage abgewiesen vs. Klage stattgegeben – würde der Würfel bzw. die geworfene Münze in 50% der Fälle richtig entscheiden. Wenn ein Gericht also nicht mehr als 50% schafft, kann man es (jedenfalls bezogen auf die letztliche Entscheidung) abschaffen. Die nicht triviale Frage ist natürlich, was die "richtige" Entscheidung ist. In bezug auf den vorherigen Abschnitt (Verständlichkeit) kann das nur die Entscheidung sein, die der rechtsunterworfene Bürger erwarten durfte. Was darf der Bürger erwarten? Die Mehrheitsmeinung der Juristen. Wenn die 51:49 zustande kommt, ist sie natürlich wenig überzeugend (dazu später mehr), aber wenn es nicht gerade um die Glaubwürdigkeit von Zeugen u.Ä. geht, also bei Rechtsfragen, sind uneindeutige Ergebnisse einer Abstimmung unter Juristen ein Armutszeugnis für die Gesetzeslage. In der Praxis kann man natürlich nicht jedes Urteil einer Gruppe von Juristen vorlegen, um die darüber abstimmen zu lassen, aber man kann so durchaus stichprobenartig die Leistung einzelner Richter überprüfen, und vor allem muss dies als Grundgedanke ins Selbstverständnis der Justiz einfließen: Es geht nicht um die "Genialität" einzelner Richter, sondern um die Reproduzierbarkeit der Urteile. Eine Berliner Strafverteidigerin sagte mir mal, dass nach ihrer Erfahrung dieselben Taten von unterschiedlichen Richtern mit Strafen geahndet würden, zwischen denen der Faktor zwei liege. Wie will man denn das dem Bürger erklären? Gar nicht: richterliche Unabhängigkeit – oder auch Freibrief für Schwachsinn aller Art.

Das System begünstigt diesen Irrsinn sogar systematisch. Urteile der Bundesgerichte sind – außerhalb des jeweiligen Verfahrens – für andere Gerichte nicht verbindlich. Die tolle richterliche Unabhängigkeit erlaubt allen, zu schalten und zu walten, wie sie wollen. Natürlich hat der BGH nicht automatisch recht, nur weil er der BGH ist. Auch Verfassungsrichter können sich mit ihrer Rechtsauffassung lächerlich machen (siehe etwa das "Inzesturteil", Gutachten und Urteil, und die schrankenlose Protektion des öffentlich-rechtlichen Fernsehens). Es ist nun einmal schwierig, ein praktikables Verfahren der Rechtsfindung zu finden, mit dessen Ergebnis die meisten Leute zufrieden sind. Entscheidend ist, dass irgendwann mal abschließend entschieden werden muss. Soll nun aber die "Erkenntnis" des Dorfrichters, dass "die da oben" es verbockt haben, dazu führen, dass es dem Zufall der Gerichtszuständigkeit unterworfen ist, ob der Bürger recht bekommt oder nicht? Was hat Zufall mit Recht zu tun? Ist dem Bürger mit 90% "Unrecht" (also 10% aufmüpfiger Gerichte/Richter) gegenüber 100% (Verlässlichkeit) wirklich geholfen? Die Gerichte sollten verpflichtet werden, sich an ihren obergerichtlichen Vorgaben zu orientieren – was immer sie von denen halten mögen. Fehlentscheidungen an der Spitze (Bundesgerichte) müssen systematisch (Gesetzgeber) korrigiert werden, nicht durch "zufällige" Entscheidungen niederinstanzlicher Gerichte. Aus diesem Grund sollte man die Gehälter von Richtern zum Teil daran bemessen, wie ihre Urteile vor der Folgeinstanz aussehen. Dies ist sinnvollerweise nicht auf neue Rechtsfragen anzuwenden. Wenn man die Gerichte nicht zur Einheitlichkeit zwingt, dann leben zwei Bürger effektiv in unterschiedlichen Rechtsordnungen, wenn der eine mit seinem Streitwert das rettende Obergericht erreicht, der andere aber nicht. Das ist dann an Willkürcharakter auch nicht besser als die Zufälligkeit des zuständigen Gerichts.

Kosten

Rechtsstaatlichkeit ist immer praktisch. Wenn Rechtsmittel wegen ihrer exorbitanten Kosten nicht genutzt werden, versinkt der Rechtsstaat in Rechtstheorie. Dann sind der Bürger und der Reiche vor dem Gesetz nicht mehr gleich.

Kleiner Exkurs: Was sind die Berufe, die man klassischerweise mit dem gehobenen Bürgertum verbindet? Was wünscht sich die Klischemutti als Schwiegersohn? Ärzte und Anwälte. Die haben es geschafft. In der sozialen Marktwirtschaft. Wenn man dann noch die Apotheker dazu nimmt, hat man die großen Berufsstände, die nach sozialistischen Prinzipien organisiert sind. Sie müssen – von den Ausnahmen im "übertariflichen Bereich" abgesehen – niemanden davon überzeugen, dass ihre Leistung den geforderten Betrag wert sei. Nein, weit gefehlt, der Staat sorgt für ein Minimum an Leistungstransparenz und setzt die Gehälter fest. Es kommt auch – bei Anwälten noch mehr als bei Ärzten – nicht darauf an, dass sie gute Arbeit leisten. Alles egal. Und man braucht einen Anwalt, wie pillepalle der Sachverhalt auch sei.

Was soll ein Anwalt verdienen? Mit der Frage hat sich mal ein Gericht befasst (ist mir von einem Anwalt zugetragen worden, habe dafür keine Quelle im Web). Das Ergebnis war: Es soll bei ihm so viel übrig bleiben wie bei einem Landrichter. Und über die Kosten, die für Betrieb, Vorsorge usw. entstehen, sollen dabei dann ca. 150 €/h herausgekommen sein (brutto). Ist das akzepzabel? Die meisten Prozesse sind juristisch nicht besonders kompliziert, sondern simple Grundlagenarbeit. Die Menschen streiten sich ja nicht nur, wenn es kompliziert wird. Wer sich mal ein paar Prozesse angesehen hat, merkt auch schnell, dass es da nicht sonderlich intellektuell zur Sache geht. Das Gehalt hat im allgemeinen mit Dauer und Schwierigkeit der Ausbildung zu tun. Die sind bei den Juristen aus zwei Gründen so hoch:

  1. Die Gesetze taugen wenig (siehe oben; bezogen auf ihre Anwendbarkeit, nicht so sehr auf ihren Inhalt).

  2. Die Juristen müssen zu viel Zeug lernen (wie auch die Mediziner), das sie hinterher sowieso nicht brauchen. Warum soll nicht jemand in ein bis zwei Jahren die Grundlagen des Privatrechts für die typischen erstinstanzlichen Allerweltsfälle erlernen können? Solche Anwälte braucht der Bürger, die kostengünstig die Masse der Fälle erledigen. Warum belästigt man die mit Rechtsgebieten und Fallkonstrukten, die für sie nicht relevant sind? Der Staat hat die Pflicht, den Bürger mit günstigem Rechtsbeistand zu versorgen oder dem wenigstens nicht durch Protektionismus im Weg zu stehen.

Die (Zwangs-)Kosten für Anwälte richten sich nach dem Streitwert. Da kommt es dann schnell mal zu absurden Stundenlöhnen. Sehr beliebt: Abmahnungen. Man sucht sich irgendeinen trivialen Rechtsverstoß, der von vielen Leuten begangen wird. Wettbewerbsrecht, Urheberrecht, Markenrecht. Irgendwas im Internet. Dann braucht man nur noch eine Serienbrieffunktion. Fünf Minuten "Arbeit", tausend € Kosten. Dieser Wahnsinn war bis September 2008 möglich. Ab dann hat der Gesetzgeber die Kosten für eine Abmahnung in bestimmten, häufigen Fällen auf 100 € begrenzt. Immer noch luxeriös, denn der Arbeitsaufwand ist minimal. Warum deckelt man für derart einfache Fälle nicht die Kosten pro Arbeitsstunde? Die Anwälte heulen schon, Abmahnungen seien so nicht mehr kostendeckend durchführbar. Mein Beileid. Kein Anwalt muss abmahnen, soll er sich bessere Mandate suchen.

Abmahnungen und Unterlassungserklärungen sind aus vielerlei Gründen in ihrer heutigen Ausgestaltung die Pest. Wenn ein Abmahner einen Rechtsverstoß behauptet und der Abgemahnte daraufhin eine Unterlassungserklärung abgibt, dann gilt die auch dann, wenn der Abmahngrund verfällt (etwa ein Patent gelöscht wurde). Auf solchen Schwachsinn können nur Juristen kommen. Natürlich muss man nicht jede Unterlassungserklärung abgeben, man könnte ja auch viel Geld in einen Anwalt investieren, der das besser macht. Aber wozu dieser Quatsch? Die reine Bürgerverarschung. Anwälte müssen den Gerichten gegenüber auch nicht offenlegen, wen sie in einer Sache alles abgemahnt haben. Und das, obwohl die Gerichte bei Serienabmahnungen den üblichen Gebührenanspruch nicht anerkennen. Vier Änderungen sind nötig, um das Abmahnunwesen in den Griff zu bekommen:

  1. Die abmahnenden Anwälte müssen der Abmahnung eine vom Bundesjustizministerium erarbeitete und vom BGH abgesegnete Rechtsbelehrung beilegen, in der der Abgemahnte über die wesentlichen Aspekte des Problems informiert wird. Unterbleibt dies, wird die Abmahnung nichtig, ebenso eine daraufhin abgegebene Unterlassungserklärung, der Kostenanspruch verfällt und das Fehlverhalten wird standesrechtlich geahndet.

  2. Die zweite Abmahnung zum selben Rechtsverstoß muss zentral gemeldet werden. Ansonsten Konsequenzen wie bei Nichtbeilegen der Rechtsbelehrung. Dieser Umstand wird Teil der Belehrung. Der Abgemahnte kann über seine Fallnummer andere Abgemahnte (anonym) ausfindig machen, um das Vorgehen zu koordinieren.

  3. Abmahnungen als Erstkontakt werden abgeschafft. An ihre Stelle tritt ein formloser Hinweis (gegen den keine negative Feststellungsklage möglich ist), dass der Geschädigte sich in seinen Rechten verletzt fühlt und eine Abmahnung beabsichtigt, falls der vermeintliche Schädiger nicht wie gewünscht reagiert. Der kann dann – mit oder ohne eigenen Anwalt – eine selbstformulierte Unterlassungserklärung abgeben, so dass für eine Abmahnung kein Grund mehr besteht. Vorlagen dafür (die standardfälle) stellt das Bundesjustizministerium auf seiner Webseite zur Verfügung. Das Schreiben muss auf diese Informationsquelle hinweisen.

    Man muss sich klar machen, dass schon heute ein Abmahnanwalt sowieso nicht in allen Fällen einen Kostenanspruch hat. Bei mehreren Geschädigten könnte ein anderer bereits abgemahnt haben. Gibt der Schädiger von sich aus eine Unterlassungserklärung ab (etwa weil er damit rechnet, in einer Tauschbörse erwischt worden zu sein), besteht ebenfalls kein Anspruch. Arbeit hat der Anwalt trotzdem (dafür zahlt dann sein Mandant).

  4. Dass Vertragsstrafen (nicht Schadenersatz!) an den Geschädigten zu zahlen sind, ist geradezu kriminell. Zahlung nur noch an den Staat oder gemeinnützige Organisationen.

Was ist eigentlich (im Prozess) ein "guter Anwalt"? Einer, der die Chancen verbessert zu gewinnen? Der naive Bürger dachte immer, es sei eine Frage der Rechtslage, ob man vor Gericht recht bekommt, und nicht eine Frage der anwaltlichen Vertretung. Prozesse sind doch keine Laberolympiade für Anwälte. Je mehr man mit einem besseren Anwalt für seine Prozessposition tun kann, desto weniger taugt das Rechtssystem. Eigentlich sollte man gar keinen Anwalt brauchen. Zwei Leute treten vor den Kadi, erklären ihm, was los ist, und der wendet dann die Rechtslage auf den bewiesenen Sachverhalt an. Warum soll man denn den Anwälten und dem Richter einen Haufen Geld geben? Je mehr Geld die Anwälte wert sind, desto weniger der Richter.

Da sich die festgesetzten Kosten nach dem Streitwert richten, haben die Anwälte ein großes Interesse daran, einen hohen Streitwert geltend zu machen. Was diesbezüglich bei Urheberrechtsverstößen passiert, ist eine Schande. Jemand packt Bilder auf seine Webseite, die er nicht verwenden durfte. Ob die da irgend jemand gesehen hat, interessiert keinen. Juristerei beschäftigt sich ja nicht mit der richtigen Welt, sondern nur mit dem Bedrucken von Papier, und Papier ist geduldig. Nun kommt der Geschädigte bzw. dessen Anwalt daher und führt mehrere zehntausend Euro Streitwert an – weil bestimmte kommerziell verwertete Bilder nun mal so viel wert sind. Ob eine private Webseite das Potential hat, den kommerziellen Wert der Bilder auch nur um zehn Cent zu mindern, danach fragt niemand. Das wäre zu praxisbezogen. Wo blieben denn da die Gebühren? Man muss ganz nüchtern fragen, welcher Schaden da entsteht. Wer zahlt für die Nutzung dieses Bildes, und was ändert sich daran, wenn eine bestimmte (vor allem natürlich: eine unbedeutende) Webseite dieses Bild beinhaltet? Wenn eine kommerzielle Seite ein Bild lizensiert, dann erhält sie es zumeist nicht exklusiv. Es ist also klar, dass dieses Bild auch noch anderswo auftaucht. Wer es lizensiert hat, weiß sie typischerweise nicht einmal. Diese Seiten haben gar keine andere Wahl, als ihre Bilder zu lizensieren; Ausfälle drohen also – auf den Gesamtmarkt bezogen – nicht. Denkbar ist prinzipiell, dass ein Lizenznehmer auf ein anderes Bild ausweicht (was dem Rechteverwerter in vielen Fällen egal sein kann – wenn die Alternative auch von ihm ist). Das aber wird nur dann passieren, wenn dieses Bild quasi überall im Netz verfügbar und dadurch "verbrannt" ist. So ein Effekt ist aber nur bei sehr bekannten Bildern vorstellbar, und an denen kommen die kommerziellen Nutzer dann auch nicht vorbei. Also viel Lärm um nichts.

Ein ganz wesentlicher Aspekt ist, dass der Streitwert sich auf den Totalverlust bezieht. Wenn ein Foto über seine "Lebensdauer" einen Wert von 30.000 € hat und es schon für 20.000 € lizensiert wurde, sollte man dem Anwalt, der dann noch einen Streitwert von 30.000 € anführt, mal bei einem Tag Ordnungshaft die offenbar nötige Ruhe zum Nachdenken verschaffen. Streitwert kann immer nur sein, was der Schädiger realistischerweise an Wertminderung verursachen könnte. Und wenn es 1000 Schädiger gibt, die gemeinsam das Bild wertlos machen können, dann schädigt jeder eben nur um 30 € und nicht um 30.000. Einfachste Mathematik, aber den Juristen muss man es wohl mal sagen. Ist ja nicht so, dass die Richter nicht aus eigener Kraft darauf hätten kommen können. Allein, sie tun es nicht, was über die Kompetenz der Justiz (trotz ihrer luxeriösen Ausbildung...) alles sagt, was man wissen muss.

Verfahrensdauer

Das ist jetzt mal einfach: Wenn man ein Rechtsproblem hat, dann soll das bitteschön entschieden werden, bevor die nächste Eiszeit vorbei ist. Als Normalbürger kriegt man den Mund nicht mehr zu, wenn man mitbekommt, mit welchen Fristen vor Gericht jongliert wird. Als Abgemahnter soll man innerhalb einer Woche reagieren – mit einer verbindlichen Entscheidung! –, aber jeder Kleinkram vor Gericht bemisst sich in Monaten. Ziemlich komisch, welche Maßstäbe die Juristen an sich und andere anlegen.

Qualität der Ergebnisse

Zivilrecht

Was ist ein gutes Urteil, wenn der eine Bürger den anderen verklagt? Idealerweise natürlich das "richtige" Urteil. Da es keinen praktikablen Weg gibt, zu diesem rein theoretischen Ergebnis zu kommen, bleibt nur das Trauerspiel des status quo: Jeder Richter macht, was er für richtig hält. Das führt dann dazu, dass die Entscheidung – mit einer gewissen Zufälligkeit – in die eine oder die andere Richtung geht. Im nächsten Schritt ist die unterlegene Partei extrem motiviert, gegen die Entscheidung mit Rechtsmitteln vorzugehen (sofern das noch möglich ist), weil es immer (beinahe) um alles oder nichts geht. Die Differenz von dem, was man bekommen hat, und dem, was man realistischerweise bekommen zu können meint, ist der Antrieb.

Wie schon ausgeführt, ist es sehr erstrebenswert, die Abweichungen zwischen den Gerichten zu minimieren, und das natürlich nicht nur zwischen gleichrangigen, sondern auch entlang der Hierarchie. Je geringer diese Abweichungen sind, desto niedriger ist die Motivation, gegen ein ergangenes Urteil vorzugehen (was aus Zeit- und Kostengründen grundsätzlich positiv ist).

Ich halte es für einen interessanten Ansatz, die Gerichte zu verpflichten, eine Entscheidung nicht mehr allein nach ihrem individuellen Dafürhalten zu treffen. Die Gerichte sollten versuchen (auch das ist natürlich nicht treffsicher möglich, sondern nur als tendenzielle Verbesserung des Ergebnisses) diejenige Entscheidung zu treffen, die dem "Erwartungswert" der juristischen Situation entspricht. Wenn also Gericht A meint, nach der Beweiswürdigung sei der Kläger mit einer Wahrscheinlichkeit von 80% im Recht, dann soll es ihm nicht die geforderten 1000 € zusprechen, sondern nur 800. Konsequenterweise sollte er auch dann etwas bekommen, wenn er im heutigen System verliert, das aber nicht zweifelsfrei, sondern auf Grund einer Abwägung. Wenn der Kläger nur mit vom Gericht geschätzten 20% im Recht ist, dann bekommt er nur 200 €. Das ist klar davon zu unterscheiden, dass jemand auf 1000 € klagt und nach Meinung des Gerichts zwar eindeutig im Recht ist, aber nur auf einen geringeren Betrag Anspruch hat.

Auch im Erwartungswertszenario kann ein Gericht irren, allerdings werden dadurch im Durchschnitt brauchbarere Ergebnisse erreicht. Dass jemand im Recht ist und das auch gerichtsfest beweisen kann, sind seit jeher zwei Paar Schuhe; an diesem Problem ändert meine Forderung nichts. Aber die Motivation, Rechtsmittel einzulegen, ändert sich erheblich. Heute macht eine Änderung der vorinstanzlichen Entscheidung einen Unterschied von 1000 € aus. In meinem Szenario werden zumeist aus den 800 € 600-900. Für 200 € weiterzuprozessieren ist eine weitaus geringere Motivation, als dies für 1000 € zu tun. Außerdem mag es passieren, dass die Oberinstanzen außer in Fällen klarer Falschbewertungen die Entscheidung der Vorinstanz übernehmen, was in meinem Szenario mit viel weniger Bedenken möglich ist als heute.

Dieser Vorschlag hätte nicht zur Folge, dass man wegen jedes Unsinns klagen kann, weil man ja "auf jeden Fall" irgendwas bekommt. In eindeutigen Fällen gäbe es nach wie vor 0% oder 100%. Außerdem bietet es sich an, die Prozesskosten nach demselben Schlüssel zu verteilen. Es ist damit zu rechnen, dass dieses System den Anreiz erhöht, sich außergerichtlich zu einigen, womit allen gedient wäre.

Strafrecht

Strafrecht erfüllt bestimmte Anforderungen – oder soll das wenigstens tun. Das ist vor allem der Schutz der Bürger (durch Abschreckung und Resozialisierung). Es ist nicht erkennbar, dass die Justiz (oder der Gesetzgeber) ein nennenswertes Bestreben hat, den Grad der Erreichung dieses Ziels systematisch zu überprüfen und sich mit der Frage zu befassen, wie man zu besseren Ergebnissen kommt. Man macht einfach irgendwas; man ist ja unabhängig und niemandem Rechenschaft schuldig.

Ich will mich hier gar nicht über Details fehlgeschlagener (oder auch: fehlender) staatlicher Resozialisierungsbemühungen auslassen, da ich mich damit nicht auskenne. Von wenigen Ausnahmen abgesehen bezieht die Justiz von der Presse für ihre "Leistungen" auf diesem Gebiet jedenfalls nur Prügel; das Niveau, auf dem Deutschland sich diesbezüglich bewegt, dürfte im Groben jedenfalls klar sein.

Ich möchte hier auf ein einzelnes fundamentales Problem hinweisen, dass die deutsche Strafjustiz meiner Ansicht nach hat: Die Strafe wird nach der Tat bemessen (OK), der Verurteilte (hoffentlich der Täter, haha) kommt bei guter Führung auf Bewährung vorzeitig raus (OK), und das war's dann (überhaupt nicht OK). Ich halte es für inakzeptabel, dass man Straftäter in die Freiheit entlässt, ohne dass sie – nach menschlichem Ermessen – ihre Neigung, Straftaten zu begehen, aufgegeben haben. Das ist natürlich nichts wesentlich anderes als Resozialisierung. Ich behaupte auch nicht, dass die heutigen Resozialisierungsmaßnahmen ungeeignet seien – dafür weiß ich schlicht zu wenig darüber. Angesichts der Rückfallquoten ist aber klar, dass irgendwas ganz übel schiefläuft (wie kann es Jugendliche und junge Erwachsene mit einer zweistelligen Anzahl von Strafverfahren geben?). Ich vermute, dass es zu wenige solche Maßnahmen gibt und dass einige Gefangene sich denen entziehen (bzw. nicht kooperieren).

Es ist für mich ethisch nicht begründbar, weshalb die rechtstreue Gesellschaft einen offensichtlichen Gefährder in ihren Reihen dulden müssen sollte. Wer erst das Recht bricht und sich dann noch als renitent erweist, also letztlich gar kein Interesse daran hat, als anständiges Mitglied der Gesellschaft sein Leben zu verbringen, hat doch keinen Anspruch darauf, aus dem Knast zu kommen – wie lächerlich ist diese Anspruchshaltung? Wer auf stur schaltet, bleibt drin. Fertig, aus.

Ermessensspielraum und Willkür

Dieser Ansatz bringt zwei ernste, zusammenhängende Probleme mit sich, ohne deren Lösung er rechtsstaatlich inakzeptabel ist: Der Bewertung des Resozialisierungserfolgs kommt in diesem Fall größte Bedeutung zu. Dass die Justiz sich mal zugunsten des Gefangenen verschätzt, ist relativ leicht hinnehmbar – diese Situation wäre immer noch besser als die heutige. Problematisch ist der Fall, dass sich der Freiheitsentzug wesentlich verlängert, weil der Gefangene falsch bewertet wird. Abgesehen vom guten Willen des Systems macht es für den Betroffenen keinen großen Unterschied, ob ihm im heutigen System ein Gericht ein Jahr mehr aufdrückt als die anderen es getan hätten oder ihn das neue System erst ein Jahr später rauslässt, als es das in einer anderen Haftanstalt getan hätte.

Auf den Staat kämen also auf jeden Fall höhere Kosten zu, weil die Gefangenen vor ihrer Entlassung einige Male gründlich begutachtet würden. Das ist ein letztlich einfach lösbares Problem, zumal diesen Ausgaben Einsparungen an anderer Stelle gegenüberstehen (eingesparte Verfahren durch Rückgang der Straftaten).

Das größere Problem ist die Abhängigkeitssituation vom psychologischen Personal, in die die Gefangenen geraten. Es wären also vorbeugende Maßnahmen zu treffen, um den denkbaren Missbrauch zu verhindern, jedenfalls zu erschweren:

  1. Prognosesicherheit durch Tendenz

    Man würde die Gefangenen nicht erst gegen Ende ihrer regulären Haftzeit begutachten, sondern regelmäßig. Dadurch wäre der (ausbleibende) Erfolg der Resozialisierungsmaßnahmen besser erkennbar. Die Problemfälle würden früh erkannt und könnten dementsprechend besonders behandelt (oder zumindest begutachtet) werden. Wenn das Ergebnis der Abschlussuntersuchung (also zum geplanten Entlassungstermin) davon abweicht, was angesichts der Begutachtungsvorgeschichte zu erwarten war, würde man automatisch einen Zweitgutachter hinzuziehen.

  2. wechselnde Gutachter

    Man würde die Gutachter rotieren lassen, zumindest wenn sich die Freilassung verzögert.

  3. Gruppierung der Gefangenen

    Denkbar ist, die Gefangenen nach Resozialisierungsfortschritt zu gruppieren. Das würde dem Problem entgegenwirken, dass Gefangene durch die Kriminalitätskultur im Knast weiter verdorben werden. Der Umgang mit anderen, die sich ebenfalls weiterentwickeln, ist vermutlich sehr positiv. Man sieht, dass die anderen es auch hinkriegen. Wer negativ auffällt, verschwindet bald aus dem eigenen Umfeld.

  4. Qualitätssicherung

    Die Resozialisierungsmaßnahmen und Begutachtungsmethoden sowie -ergebnisse würden wissenschaftlich erfasst, so dass das System kontinuierlich verbessert würde und Ausreißer schnell auffielen.

Um die Verhältnismäßigkeit zu wahren, würde man nur bei Gewalttaten und sonstigen schweren Delikten auf einer präzisen Erfüllung der Kriterien bestehen und bei den leichteren Delikten eine größere Bewertungsunschärfe zugunsten des Gefangenen akzeptieren.

Folgen

Wie würden potentielle Kriminelle und Gefangene auf dieses System reagieren? Bei den Gefangenen ist zu erwarten, dass sie sich quasi vom ersten Tag im Knast an um Kooperation bemühen, weil sie wissen, dass jeder Tag des Widerstands ihren Aufenthalt dort nur verlängert. Sie würden vermutlich auch deutlich weniger versuchen, die "typische" Knastkultur auszuleben, weil diejenigen, die nicht auf Grund einer negativen Bewertung länger einsitzen wollen, sich dann von ihnen abwenden würden, und die Gutachter außerdem darauf aufmerksam würden.

Bei potentiellen Kriminellen ist anzunehmen, dass die Aussicht, nur als "umgedrehter" Mensch aus dem Knast zu kommen, wesentlich abschreckender ist als die, einige Monate einzusitzen. Das ist natürlich nur eine nicht belastbare Annahme. Der Nutzen der Maßnahme liegt aber in erster Linie in der Rückfallvermeidung, weniger in der Erstfallprävention.

Wie verläuft die Wiedereingliederung Entlassener? Die sind natürlich formal per definitionem geeigneter für ein rechtstreues Leben. Hinzu kommt, dass sie bei einem Rückfall damit rechnen müssen, sehr viel länger einzusitzen, weil die Gutachter sich offenbar getäuscht haben.

Unrecht in Deutschland

Durchsuchungsbefehle Beschlagnahme von Rechnern Einzug von Computern U-Haft bei Nazis (Mail von Edathy vom 05.01.) Schadenersatzfristen bei Patenten

Urteilssoftware

Kompetenz der Strafverfolger, der Justiz und des Gesetzgebers

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Es soll ja noch Leute geben, die glauben, dass dieses Land gegen Verbrecher vorgeht. Dass "die Guten" von der Polizei geschützt und "die Bösen" von der Justiz gemaßregelt werden. Weit gefehlt. In Deutschland kommen nicht mal Nazischläger in Untersuchungshaft, die ein ausländisches Kind halbtot prügeln. Jedenfalls nicht im vorbildlich "antifaschistischen" Ostdeutschland. Wenn Gewalttäter doch mal vor Gericht kommen, passiert ihnen oft genug (fast) nichts. Wenn man nur 'ne schlechte Kindheit gehabt hat, darf man in Deutschland wohl jedem auf die Fresse hauen, ohne mehr als eine Ermahnung befürchten zu müssen. Man kann in Deutschland durch grobe Fahrlässigkeit beinahe mehrere Menschen im Straßenverkehr zu Tode bringen, ohne deshalb mehr Ärger als ein zweistelliges(!!!) Bußgeld zu bekommen. Nur wenn man mal irgendwo falsch herum parkt, dann schlägt die Ordnungsmacht erbarmungslos und mit gewaltigem Personaleinsatz zu.

Dabei ist die Polizei selbst von Verkehrsdelikten überfordert. Ich durfte erleben, wie die Aufnahme einer Anzeige einer Fahrerflucht, deren Umstände in einer Minute abschließend erklärt sind, geschlagene 40 Minuten in Anspruch nahm. In einem anderen Fall kam es wegen eines Rotlichtverstoßes zu einer Gerichtsverhandlung, weil der aufnehmende Beamte Tatbestände hinzuerfindet. Wohlgemerkt: In beiden Fällen handelte es sich um Polizisten im höheren Dienst. Nicht, dass die Justiz besser wäre: Die Amtsanwältin produziert sich dadurch, dass sie anklagt, obwohl ihr Vorwurf im krassen Widerspruch zur schriftlichen Aussage des einzigen Zeugen steht. Es spielt eben einfach keine Rolle, wie in der Justiz gearbeitet wird. Nur, wenn es darum geht, Maßstäbe an der Verhalten ihrer Untertanen anzulegen, dann laufen sie plötzlich so richtig zu Hochform auf.

Wenn man in Berlin tätlich bedroht wird, weigert sich die Polizei, anzurücken, um die Personalien des Täters festzustellen, und vereitelt die Strafverfolgung dann dadurch, dass die Zeugen den Täter auf Fotos wiedererkennen sollen, auf denen Personen halb so alt sind. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Wenn jemand dadurch des schweren Diebstahls überführt wird, dass er über Wissen verfügt, das (in der realen Welt) nur der Täter haben kann, dann "argumentiert" der ermittelnde Kriminalbeamte an der Debilitätsgrenze, und die geistig erleuchtete Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren zweimal ein, weil sie es auch nicht kapiert. Eine Strafverteidigerin hat mir mal erzählt, dass Beweise vor Gericht nie so geführt werden. Der Bürger muss also hoffen, dass er in einer zum eingefahrenen Denkschema der Justiz kompatiblen Weise Opfer eines Verbrechens wird, damit er auf Aufklärung auch nur hoffen kann. Alle Studenten, die den Sachverhalt kennen, haben sich totgelacht angesichts solcher Beschränktheit. Oder geheult – die Betroffenen.

prominente Beispiele

1/2007 – die glorreiche Potsdamer Polizei und Staatsanwaltschaft jagen Nazi-Opfer

Potsdam – da war doch was? Der Ministerpräsident hat den Deutschen vor nicht allzu langer Zeit eine Blase ans Ohr gelabert, was für eine ausländerfreundliche Gegend Potsdam doch sei. Nazis möge man da gar nicht. Nun ja, wer glaubt schon Politikern...

Im Mai 2005 werden der schwule, sehbehinderte, jüddische Schriftsteller Dennis Milholland aus Berlin und zwei Freunde von drei Potsdamer Eingeborenen in einer Weise angepöbelt, die dem bemühten Ministerpräsideten eigentlich eine Menge Auftritte vor Kameras hätte bescheren müssen. Der Mittfünfziger wird dann von dem Mittzwanziger angegriffen und geschlagen, als er einem Freund hilft. Er wehrt sich, indem er ihm in den Finger beißt. Noch ungewöhnlicher wird der Fall dadurch, dass der Angegriffene HIV-infiziert war, was aber erwartungsgemäß keine Infektion zur Folge hatte. Der Angreifer wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Man fasst die Nazischläger halt nicht so hart an im weltoffenen Potsdam. Das würde den völkischen Wählern ja auch einen ganz falschen Eindruck vermitteln.

Und dann zeigt die Staatsanwaltschaft, diese Institution heldenhaften Intellekts und deutscher Korrektheit, dass man auch das letzte bisschen Hirn in einer Akte entsorgen kann – und klagt den Angegriffenen an, eine andere Person mittels einer das Leben gefährdeten Behandlung körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt zu haben. Wie gut, dass wir keine völlig bekloppten Staatsanwälte in Deutschland haben. Da könnte ja sonstwas passieren. Man könnte glatt befürchten, dass die auch zu allem anderen zu blöd sind. Aber in diesem Land der staatlich organisierten Verantwortungslosigkeit ist wohl alles recht und billig, was irgendwann von einem Richter gestoppt wird. Warum steht in solchen Urteilen eigentlich nie, dass die Ankläger eine Schande für das ganze Land sind?

Weitere widerliche Details sind hier nachzulesen: taz-Artikel, Artikel in der jüdischen Zeitung

Es gibt übrigens den Straftatbestand der Verfolgung Unschuldiger, aber der ist wohl genauso Theorie wie der Rechtsstaat an sich.

SPIEGEL 8/2006 – missbrauchte Schülerin in Dresden

Die Strafverfolger wollen und abhören dürfen, fordern die Speicherung aller möglichen Kommunikationsdaten, damit man Schwerverbrecher besser verfolgen könne. In Dresden findet die unfähige Polizei nicht einmal den aktuellen – ordnungsgemäß gemeldeten! – Wohnort eines Einschlägig-Vorbestaften. Dieses Totalversagen hätte den Tod des Mädchens zur Folge haben können. Wozu brauchen die Strafverfolger Befugnisse gegen hypothetische Bedrohungen, wenn sie bei realen Bedrohungen nicht fähig oder gewillt sind, eins und eins zusammenzuzählen? Was kann die Polizei überhaupt, und wofür bezahlen wir ein Heer von Schreibtischtätern in den Innenministerien, wenn es offensichtlich möglich ist, dass solches Organisationsversagen niemandem auffällt, bevor es zu spät ist?

Artikel bei SPIEGEL ONLINE vom 16. September 2006 — Monate später (September 2006) wird in dieser Angelegenheit nachgelegt, die übliche Unfähigkeit der Strafverfolger kommt in immer größerem Umfang ans Licht:

SPIEGEL 5/2006 – verdorbenes Wildfleisch

Schon 2004 hätten Zollfahnder bei der Durchsuchung der Passauer Firma Berger-Wild anhand kompromittierender E-Mails feststellen müssen, dass dort Lebensmittelvorschriften missachtet wurden. Gegen Schwarzarbeit wird ermittelt, die Gesundheitsgefährdung einer unüberschaubaren Anzahl von Personen wird ignoriert. Auch nach einer anonymen Anzeige passiert nichts. Der Vorgang landet bei der Kripo und vergammelt dort. Nicht einmal ein sechsseitiger Ermittlungsbericht des Zolls, in dem auf die Gesundheitsgefährdung vieler Menschen hingewiesen wird, nötigt die Aktenmaschinerie zu Aktivität. 18 Monate nach ihrer Sicherstellung leitet die Kripo die kompromittierenden E-Mails ans Veterinäramt Passau weiter. Die Experten dort schaffen dann, was man jedem kleinen Kind zutraut: Sie reagieren nach einer Woche. Der Nichtjurist sieht darin die billigende Inkaufnahme erheblicher Geseundheitsschäden. Ob das Konsequenzen hat? Man mag nicht darüber nachdenken. Das Dutzen eines Polizeibeamten ahndet der Rechtsstaat aber schon mal mit 650 EUR. Willkommen in Deutschland.

SPIEGEL ONLINE, 29. September 2006 – die heißgelaufene Staatsanwaltschaft jagt Antifaschisten

Der Artikel — Das Land kann eine Menge Dummheit ab; es ist sie gewohnt und kann damit umgehen. Es gibt aber Vorfälle, die jede anständige Bürgerseele nur zum Kochen bringen können angesichts der Deppen im Amte, die dieses Land kaputt machen. Besonders übel stoßen einem diejenigen Entgleisungen der Obrigkeit auf, die nicht nur das Falsche machen, sondern auch noch die Falschen treffen.

In der Bundesrepublik Deutschland ist die Darstellung von Symbolen der Nationalsozialisten verboten. Symbole an sich tun zwar niemandem weh, aber Verständnis kann man dafür schon haben. Vermutlich kann einem jedes normale 15-jährige Kind den Sinn dieser Norm (§ 86a StGB: Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) erklären: Es soll den Neonazis unmöglich gemacht werden, offen mit der damaligen Symbolik für das Dritte Reich zu werben. Und so gibt es natürlich auch eine Reihe von Gründen, die nichts mit diesem Verbot zu tun haben; so sollen damit etwa keine ästhetischen Zwecke verfolgt werden. Es geht um Politik, das Grundgesetz, den Rechtsstaat. Es geht weder um den schönen Schein noch um einen hilfreichen Aufhänger für Behördenschwachsinn.

Kleiner Einschub, es drängt sich einfach auf: Es ist in Deutschland auch verboten, Wahlkämpfer zu bedrohen und zu verprügeln. Wie es insgesamt auch nicht erlaubt ist, (vermeintliche) Ausländer zu jagen, zu quälen und totzuschlagen. Nicht mal in Ostdeutschland. Wenn sich die Herren Staatsanwälte irgendwie gegen den rechten Mob produzieren möchten, bietet sich ihnen eine Legion von Möglichkeiten. Und auch wenn man in Dunkeldeutschland damit vielleicht weniger Probleme hat, wäre es immer noch erstrebenswert, die Verfahrenszeit echter Straftaten mal auf ein Niveau zu drücken, bei dem man auch wieder reinen Gewissens vom Rechtsstaat sprechen mag. Aber wer sagt denn, dass es Herrn Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler darum geht, den Neonazis zu schaden? Den Augenschein kann er jedenfalls nicht für sich in Anspruch nehmen.

Da vertreibt also jemand diverse Produkte (T-Shirts, Aufnäher usw.) mit Antifa-Symbolen, wie sie seit Jahrzehnten gang und gäbe sind. Diese Symbole sind etwa ein in der Art von Verbotsverkehrsschildern durchgestrichenes Hakenkreuz, ein zerbrochenes und ein durch Faustschlag zertrümmertes Hakenkreuz und ein Hakenkreuz, das in eine Mülltonne geworfen wird. Eine intellektuell überforderte Mutter erstattet Anzeige, nachdem sie bei ihrem Sohn den Katalog eines Versandhändlers findet. Anstatt sie auszulachen, klagt der Herr Oberstaatsanwalt allen Ernstes an. Das Landgericht macht das einzig richtige: Es lässt die Anklage gar nicht erst zu. Beim Oberlandesgericht hat man mehr Verständnis für die Belange der Neonazis und erzwingt das Verfahren.

Darin kommt dann die Beschränktheit des staatsanwaltschaftlichen Weltbildes voll zur Geltung:

Tatsache ist: Was der völlig überforderte Ankläger will, interessiert niemanden. Das wird in Deutschland von Gesetzen geregelt. Die Strafvorschrift befindet sich im besonderen Teil des Strafgesetzbuches, im Abschnitt Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates. Von Tourismusförderung ist da nicht die Rede. Und was der Umstand, dass ausländische Touristen, die tatsächlich bescheuert genug sind, ein verächtlich gemachtes Hakenkreuz nicht als solche zu erkennen (Staatsanwälte?), mit einer Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates zu tun haben mag, erschließt sich wohl auch nur einem Robenträger, sorgsam abgeschirmt von der Realität. Und wenn die Neonazis dazu übergehen, sich mit durchgestrichenen und zerbrochenen Hakenkreuzen zu schmücken, wenn das passiert, bevor der nächste fette Meteorit auf diesem Planeten einschlägt und die Staatsanwälte entsorgt, dann bin ich gerne bereit, über dieses illustre Schutzansinnen noch mal zu reden.

Ach, ja, da die Staatsanwaltschaft die objektive Tat in diesem Fall so bewusst vor die Absicht zerrt (die im Gegensatz zum Angeklagten bei der Staatsanwaltschaft als zweifelhaft gelten muss): Bernhard Häußler unterstützt damit Nazis. Wenn er nicht die Ausrede hätte, dazu von Rechts wegen gezwungen zu sein – worüber die ganz überwiegende Mehrheit der Bevökerung sich nur kaputtlachen kann –, dann müsste man ihn wohl selber als Nazi bezeichnen. Wenn ihm das absurd erscheinen sollte, möge er mal darüber nachdenken, was er angerichtet hat.

Anzumerken ist noch, dass hohe Vertreter der SPD und der Grünen das Verfahren scharf kritisieren. Bei der CDU wundert einen natürlich gar nichts, und Opportunismus-Guido sollte sich mal daran erinnern, dass er der selbsterklärten Bürgerrechtspartei vorsteht.

BGH-Entscheidung

Es kommt noch viel besser: Ich erfahre gerade, dass der BGH 1973 schon entschieden hat, dass Abbildungen von Hakenkreuzen nicht strafbar sind, wenn sie für einen objektiven Betrachter eindeutig die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus ausdrücken. Na, ja, was interessiert das einen heißgelaufenen Oberstaatsanwalt, der keine Hakenkreuze in der Öffentlichkeit sehen will... Dass ein Amtsgericht dem Schwachsinn dann auch noch folgt und nicht nicht um bindende Entscheidungen (Rechtsmeinung) der höchsten Instanz schert, sagt einiges darüber aus, mit welchem Ausmaß an Rechtsstaatlichkeit man als Betroffener in Deutschland zu rechnen hat.

SPIEGEL ONLINE, 15. November 2006 – Mord im Knast

der Artikel — Drei Häftlinge (17, 19 und 20 Jahre alt) misshandeln ihren Zellengenossen 12 Stunden lang, inklusive mehrfacher Vergewaltigung. Anschließend bemühen sie sich zwei Stunden lang darum, ihn zu erhängen, bis er endlich tot war. Motiv: Sie wollten jemanden sterben sehen. Tja, welche Behandlung verlangen sie denn nun für sich, da sicherlich ein erklecklicher Teil Deutschlands sie sterben sehen will? Egal, Fragen muss man denen eh nicht mehr stellen.

Das Opfer hat es einmal sogar geschafft, das "Aufsichtspersonal" zu alarmieren. Wozu hat eine Zelle einen Alarmknopf, wenn man die beim Fernsehen gestörten Beamten loswird, indem man behauptet, ihn versehentlich gedrückt zu haben? Aber sich vom Zustand der vier Anwesenden zu überzeugen, ist wohl zu viel verlangt, wenn man einen unkündbaren Job hat und für die Inhaftierten verantwortlich ist.

So richtig zum Kotzen ist es natürlich, wenn man dann noch mitbekommt, wie der Staat die Anforderungen an seine Vertreter und Erfüllungsgehilfen antiproportional zu denen an die Bürger dosiert. Da entblödet sich der Oberstaatsanwalt Fred Apostel zu der Äußerung: Ob sie hätten sensibler handeln müssen, das habe ich nicht zu beurteilen. Er sollte konsequent sein, zukünftig gar nichts mehr zu beurteilen haben und kündigen. Solche Entgleisungen sind eine Schande für den Rechtsstaat; solche Staatsanwälte sind untragbar. Das grenzt schon an Verächtlichmachung des Andenkens Verstorbener. Offensichtlich gibt es wirklich keinerlei Intelligenzuntergrenze bei den Strafverfolgern, auch nicht bei Beförderungen. Anders formuliert: Im regulären Vollzugsalltag können schon mal Leute über zwölf Stunden zu Tode gefoltert werden. Um das zu ermöglichen kehrt die Staatsanwaltschaft ein weiteres Mal ihre Grundprinzipien um: Man glaubt den Tätern dann einfach alles, was sie so erzählen. Ist ja auch irgendwie bequemer. Und weiter: Nach derzeitigem Ermittlungsstand werde gegen keinen der Wärter ein Verfahren wegen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht eingeleitet. Eben. Welchen Anspruch hat man auch an die Arbeit von Vollzugsbeamten? Wenn der exakt null ist, können die schlecht irgendwas vernachlässigen. Falschparker werden in Deutschland also schlimmer bestraft als Leute, die im Amte durch unfassbare Schlampigkeit Menschen zu Tode kommen lassen. Passt schon, Du bist Deutschland, Herr Oberstaatsanwalt. Wenn aber ein Geldbote einen Räuber erschießt, der ohne Vorwarnung das Feuer auf ihn eröffnet, dann gibt es erst mal ein Ermittlungsverfahren wegen Totschlags. So ist das eben mit dem "jeweils aktuellen Ermittlungsstand".

ZDF, Frontal 21, 12. Dezember 2006 – Recht und Gesetz gelten nur für die anderen

Ein paar Geistig-völlig-Umnachtete wollen jetzt sogar das Spielen von "Killerspielen" unter Strafe stellen. Das sind die Fesseln, die man dem Bürger gerne anlegt. Passieren wird das nicht, es geht um das antifreiheitliche und damit letztlich auch antidemokratische Gedankengut. Nach Untersuchungen wird ein Drittel der gefährlichen Gegenstände bei Flughafenkontrollen nicht entdeckt. Na, ja, Kompetenzerfordernis null, wenn es um staatliche Aufgaben geht, das kennt man ja. Aber wir jagen mit aberwitzigem Aufwand fiktive Terroristen im Internet. Wenn wirklich mal was passiert, steckt man natürlich nicht die politische "Führung" in den Knast, sondern beschränkt unsere Rechte und Freiheiten weiter, weil es ja anders offensichtlich nicht geht.

Die Münchner Staatsanwaltschaft hat sechs Monate lang den Telefonanschluss von Masris Anwalt (der von der CIA entführte Deutsche) abgehört. Begründung: Die Entführer hätten sich ja melden können, um einen Deal vorzuschlagen. Beim Staat ist eben jede Scheiße gut genug, um das eigene Fehlverhalten zu rechtfertigen. Und ob so was von einem Richter geprüft wird oder nicht, spielt anscheinend keine Rolle, denn wer das als Argument anerkennt, ist offensichtlich nicht zurechnungsfähig. Aber solche Vorfälle behindern ja eine deutsche Richterkarriere nicht. Wie beruhigend. Abgehört und protokolliert wurden dagegen Gespräche mit Journalisten, also von Berufsgeheimnisträgern mit Berufsgeheimnisträgern, vom Grundgesetz geschützt und vom Lauschangriff gesetzlich ausgenommen. Das wird ein Spaß vor dem Verfassungsgericht. Aber das kann den Verantwortlichen egal sein, denn sie "arbeiten" ja beim Staat und dort ist alles egal.

April 2007 – Samthandschuhe gegen Berufsverbrecher

Artikel vom 19. April 2007 bei SPIEGEL ONLINE — Was gibt es Widerlicheres, als einen Zuhälter, der Prostituierte verprügelt, damit sie mehr Geld für ihn ranschaffen? Solche Leute haben nicht mal mehr Knast verdient, die kann man auch in Lager sperren, damit der nötige Erkenntnisgewinn über ein Stück Entmenschlichung erleichtert wird. Was macht ein deutsches Gericht, dass das als erwiesen ansieht? Es verhängt Bewährungsstrafen. Aber gegenüber dem undisziplinierten Publikum spielt der vorsitzende Richter dann mal den Harten. Man will ja wenigstens den schönen Schein von Recht und Ordnung aufrechterhalten. Und das Land schhaut zu, wie diese Robenträger es kaputt machen.

Aber wehe, man duzt einen Polizisten, dann schlägt Justitia voll zu.

"Terrorismus"

In Deutschland werden von den Berufslügnern seit einiger Zeit nach und nach die bürgerlichen Freiheiten abgeschafft. Das dient dazu, unser Leben sicherer zu machen, weil wir ja von Schwerverbrechern und – vor allem! – Terroristen bedroht sind. Man könnte aus Sicht der Innenpolitiker der ehemals so zivilisierten westlichen Welt fast sagen, gäbe es die Terroristen nicht, müsste man sie erfinden: Die Gegenwart stellt sich diesen Leuten dar wie jede Woche Weihnachten: permanent Wünsche frei, widerspruchslos auch die absurdesten. Sind wir durch Terroristen bedroht? Formal sicher, aber Politik darf nicht allein nach Formalitäten entscheiden, sondern muss Relevanz und Verhältnismäßigkeit beachten. Wie viele Terroropfer gibt es in Europa? Ich klammere den "etablierten" europäischen Terrorismus (IRA, ETA, bei uns gab es mal die RAF) mal aus, weil er meines Erachtens eine freie Entscheidung der betroffenen Länder ist. Die Briten und Spanier könnten die Probleme in kurzer Zeit politisch lösen, wenn sie nur wollten. Die Entwicklung Richtung Auflösung sieht man bei der IRA. Bleiben also die Anschläge islamischer Prägung. Welchen Zeitraum will man betrachten, um den Durchschnittswert zu bestimmen? Konservativ könnte man ab dem WTC-Anschlag rechnen. Das sind dann etwa 160 Tote verteilt auf vier Jahre und – bleiben wir mal beim "alten" Europa, weil die neuen Mitgliedsstaaten bei aller peinlichen Anbiederung an die USA (Was haben wir uns da bloß aufgehalst?) wohl kein relevantes Ziel für islamische Terroristen darstellen – 350 Millionen Menschen. Auf Deutschland umgerechnet also nicht einmal zehn Tote im Jahr. Ich kenne die Statistik nicht, aber ich vermute, dass mehr Deutsche jährlich überfahren werden, wenn sie grüne Ampeln überqueren.

Ist nun der vermeidbar zu Tode gekommene Deutsche weniger wert als der (statistische) von Terroristen ermordete? Ein real nicht existentes Problem hält als Rechtfertigung für Ungeheuerliches her. Es ist reines Glück, dass die islamische Terrorhorde so unsäglich bescheuert ist. Eine freie Gesellschaft ist nicht zu schützen. Dazu sagte Benjamin Franklin mal (so in etwa, ich habe mehrere Variationen gesehen): Those who are willing to give up essential liberties in order to purchase a little temporary safety, deserve neither liberty or safety. Wichtiger noch als diese berechtigt abfällige Wertung finde ich den Zusatz, den ich vereinzelt gefunden habe: And will lose both. Deutschland ist mühelos binnen kurzer Zeit in die Knie zu zwingen. Das passiert nicht, weil die depperten Terroristen zum Glück darauf fixiert sind, Leute umzubringen. Nein, ich werde an dieser Stelle nicht erläutern, wie man das schaffen könnte.

Zwei Dinge laufen hier völlig aus dem Ruder: Einerseits der Umgang mit richtigen Verbrechen hier und andererseits der Umgang mit den Terroristen und ihren geistigen Brandstiftern. Das BKA schätzt, dass es in Deutschland jährlich zu etwa einer Viertelmillion Fälle von sexuellem Missbrauch kommt. Etwa jede fünfte Frau und jeder zwölfte Mann wird im Laufe seines Lebens Opfer sexueller Gewalt. Etwa 40 Kinder werden jährlich missbraucht und ermordet. Wie viel höher das Ausmaß "normaler" familiärer Gewalt liegt, habe ich mich nicht getraut nachzusehen. Der Menschenhandel soll weltweit jährlich eine halbe Million Frauen umfassen – da Deutschland ein bedeutender Zielmarkt ist, darf man annehmen, dass einige tausend Opfer jedes Jahr hierher verschleppt werden. Angeblich wird nur jedes zweite Tötungsdelikt in Deutschland entdeckt, weil manch ein Dorfdoktor nicht mal das Messer im Rücken bemerkt und vor allem viel zu wenig obduziert wird – Kostengründe. Wie viele Menschen kommen durch verbrecherische Schlamperei im Gesundheitswesen und der Altenpflege jedes Jahr zu Tode? Es kümmert uns einen SCHEIß! Wenn wir in Deutschland Leben retten und unsägliches Leid verhindern wollten, hätten wir alle Möglichkeit dazu. Über 5000 Verkehrstote jedes Jahr. Unternehmen wir ernsthafte Anstrengungen, das zu reduzieren? Üben wir massiv Druck auf den unnötigen Autoverkehr aus, um ihn durch öffentliche Verkehrsmittel zu substituieren? Was müssten wir tun, um zehn deutsche Leben im Jahr zu retten?

Aber was tun wir? Wir jagen Raubkopierer, verteilen Knöllchen an quer parkende smarts und gängeln die Bürger bis an die Grenze der verfassungsrechtlichen Rahmens: Wegen nicht mal zehn Opfern im Jahr. Statistischen, nicht realen! Die Strafverfolger dagegen gefallen sich in offenem Rechtsbruch, wenn sie Verdächtige sogar beim Sex abhören. Richter stellen Durchsuchungsbefehle für Journalisten aus, denen formell Beihilfe zum Geheimnisverrat vorgeworfen wird, obwohl nach über 150 solcher Vorfälle noch kein einziger Beschuldigter verurteilt wurde. Das ist also Verhältnismäßkeit in Deutschland, wenn die Strafverfolger ihrer amtlichen Selbstbefriedigung nachgehen. Wegen so einer "Erfolgsquote" werden Eingriffe in die grundgesetzlich geschützte Wohnung gestattet. Na, denn. Diesen Eifer wünscht man sich, wenn ein Ex-Bundeskanzler und ein Ex-Innenminister vor den Augen der Öffentlichkeit das Recht brechen. Man kann sogar wieder Innenminister werden in diesem Land des gewählten Stimmviehs, wenn man sich in den Augen der Bevölkerung der falschen eidesstattlichen Erklärung schuldig gemacht hat. Aber alles ist relativ, immerhin hat der brutalsmögliche Demokrat Roland Koch mit juristischen Tricks Neuwahlen verhindert, nachdem ihn das zuständige Gremium zum "Wahlbetrüger zweiter Klasse" gestempelt hat. Mit der Verfassung, auf die alle diese Herren einen Eid geschworen haben, wischen sie sich im Konflikt mit ihren persönlichen Interessen offensichtlich höchstens den Allerwertesten ab.

Auf der anderen Seite lassen wir es uns bieten, dass in der islamischen Welt in aller Öffentlichkeit zur Gewalt gegen den Westen aufgerufen wird. Die Ursachen für die Gewaltbereitschaft liegen zwar in der unerfreulichen Situation und ihrer religiösen Verblödung begründet, aber die Stärke der Bewegung ergibt sich daraus, dass ihre Ziele offen propagiert werden können und offen Nachwuchs rekrutiert werden kann. Otto Schily hat in den letzten Jahren nicht viel Brauchbares gesagt. Die Ausnahme scheint mir folgendes zu sein: Wer den Tod liebt, kann ihn haben. Wer ganzen Kulturen das Lebensrecht streitig macht, sollte das eigene nicht allzu hoch hängen. Wenn die Hassprediger systematisch beseitigt würden – keine Herausforderung für die westlichen Geheimdienste – wäre das Problem nach kurzer Zeit erledigt. Solche Forderungen rufen einen Aufschrei der Empörung hervor. Keine Hemmungen hat der Westen aber, in einem Krieg, der sogar nach (gegenwärtiger) Meinung der der kritischen Reflexion völlig underdächtigen Amerikaner herbeigelogen war, 180.000 irakische Soldaten umzubringen. Kein Problem hat der Westen damit, dass die total versagende NATO-Luftflotte, da sie nicht mal in der Lage ist, eine marodierende Möchtegernarmee im Kosovo zu stoppen (fünf Panzer sollen in den 76 Tagen zerstört worden sein), das zivile Hinterland in Schutt und Asche legt. In Afrika lassen wir Regierungen die eigene Bevölkerung in sechstelliger Zahl abschlachten, obwohl wir sie im Handstreich nehmen könnten. In der Tat, das Recht auf Leben wird hier schon hoch gehandelt, da darf man mit Leuten, die zum Massenmord aufrufen, natürlich nicht allzu grob umgehen.

Rechtsradikalismus

Ich möchte mal ganz allgemein in den Raum stellen, dass ich es pervers finde, wie dieses Land Rechtsradikalen quasi noch den Arsch wischt. Warum muss sich der "Rechtsstaat" in seiner Perfektion, Rücksicht und Gnade ausgerechnet an denen austoben, die ihn verabscheuen, an Leuten, die dem Götzen Gewalt dienen? In meinen Augen muss man bekloppt sein, wenn man faschistisch motivierte Übergriffe als Nötigung und Körperverletzung anklagt, also es dabei belässt. Das trifft Justiz wie Politik gleichermaßen. Wer manchen anderen Menschen pauschal ihre Würde, oft genug ihr Lebensrecht abspricht, steht auf einer Stufe mit – etwa islamischen – Terroristen. Wie gehen wir mit denen um?

praktische Maßnahmen

Aber was ist sinnvollerweise zu tun? An die Wand stellen können wir den Nazi-Abschaum nicht. Ich halte viel von einem Vorschlag, den ein Politiker (wer, ist mir entfallen; Cohn-Bendit?), kürzlich gemacht hat (allerdings abstrakt, die folgende Konkretisierung ist von mir): Wer sich verfassungswidriges Gedankengut aneignet, sollte (zeitweise) bürgerlichen Grundrechte verlieren:

Für liberale Deutsche klingt das vielleicht erschreckend, aber man darf nicht vergessen, dass dieser Abschaum die Grundwerte dieses Staates missachtet, sie sogar gegen ihn wendet. Wenn dieser Bodensatz sich je wieder erheben sollte, wären unausweichlich Mord und Totschlag die Folge. Wenn bestimmte Leute sich in Deutschland nicht mehr frei bewegen können, ist es an der Zeit, die Dafür-Verantwortlichen niederzuknüppeln. Wehret den Anfängen! Wer Gewalt auf allen Ebenen propagiert und lebt, hat keinen moralischen Anspruch darauf, in irgendeiner Weise rücksichtsvoll behandelt zu werden. Aber in Deutschland kümmert man sich ja lieber um Falschparker und Illegal-Grillende im Stadtparkt. Ein Land, dass es nicht mal schafft, die Besitzer wild kackender Hunde zu maßregeln – sondern sie wie gesagt an Falschparkern austobt, weil die so ein Riesenproblem darstellen – haben Berufskriminelle wenig zu befürchten.

Holocaustleugnung ("Auschwitzlüge")

Dass die Holocaustleignung in Deutschland strafbar ist, finde ich ausgesprochen lächerlich. Das ist letztlich eine wissenschaftliche Meinung wie viele andere auch. Nun kann man mehr oder weniger wissenschaftlich arbeiten, bevor man seine Meinung kundtut, und die Veröffentlichung von Unsinn ist gemeinhin nicht strafbar. Im Gegensatz zu dem üblichen Gewäsch über Erdstrahlen, Astrologie, Mobilfunkmasten usw. sind die Nachfahren der Leidtragenden von der Holocaustleugnung persönlich vermutlich vielfach schwer betroffen. Ob man ihnen das ausgerechnet durch einen deutschen Straftatbestand erleichtern muss, sei mal dahingestellt. Einschränkungen der Meinungsfreiheit sind generell erst mal schlecht. Dass diese Vorschrift (§130 StGB) erst 1994 erlassen wurde, macht es nur noch lächerlicher.

Eine interssante, anscheinend gut recherchiert kommentierte Zusammenstellung von Absonderungen des heutigen Nazi-Abschaums findet sich hier. Kann nicht schaden, mit den Platitüden und Strategien mal konfrontiert worden zu sein, damit man im Bedarfsfall etwas schneller und souveräner reagieren kann.

die Frauen sind also schuld

Triebwähler

Frank Schirrmacher über einen Teil der NPD-Wähler im Beitrittsgebiet

Artikel bei SPIEGEL ONLINE vom 20. September 2006 — Offenbar gibt es nicht nur soziale, sondern auch demografische "Gründe", die Nazis zu wählen. In Ostdeutschland grassiert nämlich nicht nur die Arbeitslosigkeit, sondern auch der Frauenmangel. Aus irgendeinem Grund haben merklich mehr Frauen als Männer Ostdeutschland verlassen, so dass das Verhältnis in extremen Gegenden schon auf 3:4 gefallen ist. Schirrmacher führt den interessanten Punkt an, dass dieses Problem sich der sozialstaatlichen Regulierung weitgehend entziehe – Frauen kann man nicht durch Transferleistungen ersetzen. Eine große Zahl Menschen lebt dort in völliger Hoffnungslosigkeit: ohne Arbeit, ohne Aussicht auf Arbeit, ohne Partnerin, ohne Aussicht auf Partnerin, inmitten alter Leute.

Die zunehmend alternativlosen männerbündischer Lebensformen werden lediglich in den radikalen rechten Parteien kultiviert und positiv konnotiert. Daraus ergibt sich deren Attraktivität für den gesellschaftlichen Bodensatz dieser besonderen Art.

der ostdeutsche Nazi-Nachwuchs

Artikel bei SPIEGEL ONLINE vom 31. Mai 2007 — Eine U-Bahn bauen wir, von Chemnitz bis nach Auschwitz..., Ausländerschwein, fick dich, du Jude, Wink' richtig, sonst ziehen wir dir die Vorhaut runter, du Jude!, Du Judenschwein, fick deine Mutter, denn die ist Jüdin – zu dieser Kulisse spielt die C-Jugend des "ATSV Frisch Auf Wurzen" zu Hause gegen den VfB Fortuna Chemnitz. Das finden wohl nur Wessis schlimm, denn die Vereinsvertreter wissen zu berichten: Spielt das nicht so hoch... Solche Gesänge kommen doch bei jedem Fußballspiel vor. Ach, so. Na, denn, das wussten wir halt nicht. Weitermachen.

interessante Artikel

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Umgang mit Sexualstraftätern

Artikel bei SPIEGEL ONLINE vom 07. März 2007 — Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU – was sonst) übt den Tabubruch: Nach dem Mord am kleinen Mitja will er Namen und Adressen von Triebtätern Eltern, Kinderbetreuern und anderen Betroffenen zugänglich machen: Ich habe den Eindruck, dass mehr über die Persönlichkeitsrechte der Täter als über den Schutz von Opfern oder potenziellen Opfern gesprochen wird.

Das hat er schön gesagt. Durch diese Nebelkerze spricht – wenigstens zeitweise – keiner mehr über das totale Versagen der Justiz, Straftäter im Freiheitsentzug zu resozialisieren. Grundsätzlich sollte überhaupt nur wieder in Freiheit kommen, wer keine ernsthafte kriminelle Neigung mehr aufweist. Wie sieht die Realität aus? Menschen kommen als "Trainingskriminelle" in den Knast und als Berufsverbrecher wieder heraus. Tolle Leistung. Durch so eine Maßnahme ließe sich nun prima die Verantwortung für Wiederholungstäter vom Staat auf die Bevölkerung "delegieren": Sie wussten doch Bescheid, warum haben sie nicht besser aufgepasst?

Familien"recht"

Artikel bei SPIEGEL ONLINE vom 06. März 2007 — Familienrecht ist ja wohl der Teil der Justiz, den nicht mal mehr Juristen verteidigen, in dem der Wahnsinn schlicht Methode hat. Die Überschrift des Artikels, Die Macht der Mütter, ist natürlich unpassend. Es sollte heißen: Die Ohnmacht des Rechts. Und wie immer fehlt die Frage, warum niemand dafür zur Rechenschaft gezogen wird.

auf das Rechtsverständnis deutscher Richter ist Verlass

Artikel bei SPIEGEL ONLINE vom 30. März 2007 — Hart an der Grenze der Zurechnungsfähigkeit schwadroniert eine Frankfurter Amtsrichterin in einem Scheidungsverfahren darüber, inwieweit die Zugehörigkeit zum Islam – eine bei Marokkanern bekanntermaßen sehr freiwillige Angelegenheit – Einfluss darauf hat, wie viel häusliche Gewalt einer Frau zugemutet werden kann: Die Ausübung des Züchtigungsrechts begründet keine unzumutbare Härte gemäß Paragraph 1565 BGB

Was ein Glück für die Dame, dass die "richterliche Unabhängigkeit" als konstituierendes Element rechtsstaatlicher Trägheit in Deutschland jedweden Schwachsinn abdeckt. Was bei dem einen dazu führt, dass er vom Verfassungsschutz beobachtet wird, gehört bei den anderen zum guten Ton oder wie? Für diesen Kulturkreis ist es nicht unüblich, dass der Mann gegenüber der Frau ein Züchtigungsrecht ausübt. Hiermit musste die in Deutschland geborene Antragstellerin rechnen, als sie den in Marokko aufgewachsenen Antragsgegner geheiratet hat. In letzter Konsequenz heißt das wohl, dass die Richterin damit rechnen musste, durch den Wolf gedreht zu werden, wenn sie sich für derartige Äußerungen nicht zu schade ist – also soll sie jetzt mal nicht rumjammern. Wobei sie sich zu diesem Stuss aus weitaus freieren Stücken entschieden hat als die Marokkanerin zu ihrer Heirat. Und wie hätte das bei einer Zwangsverheirateten ausgesehen? Und warum müssen die Töchter degenerierter afrikanischer "Einwanderer" hierzulande keine Genitalverstümmelung über sich ergehen lassen? Das ist doch schließlich bei denen so üblich.

es kommt noch besser

Den Volkszorn hinter sich wissend, hat die versammelte politische Kaste – von PDS bis CDU – auf diese Richterin eingedroschen. Was macht der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Wolfgang Arenhövel? Er beklagt das Eindreschen auf die Justiz: Ich hätte mir von der Politik gewünscht, dass sie sich hinter die Justiz stellt Dass er sich wohl gewünscht hätte, dass die Politik sich vor die Justiz stellt und nicht hinter sie, kann bei so viel Nichteignung glatt unter den Tisch fallen. Und warum meint er, sollten verfassungsfeindliche Bestrebungen auch noch geschützt werden? Die Richterin hat sich im Rahmen der Vorschriften Gedanken gemacht. Na, denn, wenn der Vorschrift genüge getan ist, spielt das Ergebnis wohl keine Rolle mehr.

Zwar könne man den Hinweis auf den Koran mit Fug und Recht kritisieren, aber die Entscheidung, eine sofortige Scheidung abzulehnen, sei nicht abwegig. Ohne den Hinweis auf den Koran ist die Entscheidung vertretbar, betonte der Präsident des Oberlandesgerichts Bremen. Auch in Fällen körperlicher Misshandlung kann es zur Versöhnung kommen. Spannend ist die Frage, ob es zwischen der Rechtsordnung des Grundgesetzes und Herrn Richter Arenhövel noch zu einer Versöhnung kommen kann. Besonders beruhigend ist, dass diese herausgestellte Persönlichkeit der deutschen Justiz entweder nicht gewillt oder nicht fähig ist, zu begreifen, worum es eigentlich geht. Niemand hat das Ergebnis der Entscheidung an sich kritisiert – es gibt sicher zig ganz ähnliche, für die sich keiner interessiert. Dennoch möchte er unbedingt darauf hinweisen, dass das vertretbar sei? Wenn man seinem eigenen Wortlaut folgt, ist die Entscheidung mit ihrer Begründung nicht vertretbar. Trotzdem jammert er rum, dass die Justiz eine solche Entscheidung nicht schützt, und das, obwohl es hier um die Missachtung unserer grundgesetzlichen Wertordnung geht? Dass man sich als Richter mit muslimischen Gebräuchen auseinandersetzen müsse, bezeichnete er als völlig selbstverständlich. Die hohe Kunst der Juristerei – dumm rumlabern, ohne sich zum Thema zu äußern. Was hat er eigentlich gesagt, das für diesen Fall irgendwie relevant wäre?

das Kind beim Namen nennen

Gerade ein tolles neues Wort gelernt: Juristokratie

Der Bundesdatenschutzbeauftragte: Schäubles Pläne bedrohen den Rechtsstaat

Der Datenschutzbeauftragte ist meiner Meinung, das ist doch mal was. Artikel bei SPIEGEL ONLINE vom 24. April 2007 — Im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum (GTAZ) hat er schwerwiegende datenschutzrechtliche Verstöße festgestellt.

Das Problem hat einen Namen: Wolfgang Schäuble

Peter Schaar warf der Politik schwere Versäumnisse vor. Der Staat habe nicht nur die Aufgabe des Schutzes vor Terrorismus und Kriminalität zu schützen, sondern auch die des Schutzes vor Ausforschung, Registrierung, Manipulation und Missbrauch. Dieser sei jedoch sträflich vernachlässigt worden. Ganz speziell nannte er Schäubles Pläne zur Ausweitung staatlicher Überwachungsmaßnahmen maßlos und eine Gefährdung des Rechtsstaats.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Uwe Benneter hat das Problem erkannt: Ein Minister, der Hysterie verbreitet, wird selbst zum Sicherheitsrisiko.

Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) bezeichnete Schäubles Vorstoß als rechtsstaatlich ungeheuerlich. Die Kanzlerin müsse den Innenminister zur Ordnung rufen Ich finde es unbegreiflich, dass sie dazu schweigt.

Sachkompetenz im Familienrecht

Wie schön, dass man auch Familienrichter sein kann, ohne Ahnung von der Materie zu haben. Das ist eben richterliches Privileg: etwas Weltfremdes studiert zu haben, aber danach dennoch alles beurteilen zu können... Artikel bei SPIEGEL ONLINE vom 10. Mai 2007

die Finanzämter brechen systematisch das Recht

Artikel bei SPIEGEL ONLINE vom 10. Mai 2007

die Strafverfolger stellen sich rechtslogisch auf eine Stufe mit Kriminellen

Artikel bei TELEPOLIS vom 02. Juni 2007 — Es geschehen immer wieder Dinge, die man einfach nicht fassen kann. So argumentiert Deutschlands Verfassungsschutzminister jetzt ernsthaft, Rechner dürfe man übers Internet ausspähen, weil die sowieso nicht sicher seien. Folglich sei es unangemessen, wenn die Bürger sie als Bestandteil ihrer Intimsphäre ansähen. Das ist natürlich sehr praxisnah, da niemand seiner Liebsten und seiner Familie E-Mails schreibt. Und irgendwie erscheint auch die Vorstellung absurd, die stünden damit der Weltöffentlichkeit zur Verfügung.

Auf einem Rechner sind Daten zunächst mal sehr viel sicherer als auf Papier, weil das in aller Regel jeder einfach so lesen kann. Außerdem argumentiert man hier mit dem Nichtwissen der Bürger. Was weiß denn ein Bürger über die Sicherheit seiner Telefonleitung? Warum wird der Einbruch in Rechnersysteme nicht legalisiert, wenn man doch sowieso ständig damit rechnen müsse? Gilt der Schutz der Wohnung nicht mehrfür die Gartenlaube, in die erwartungsgemäß irgendwann sowieso eingestiegen wird? darf die Polizei da deshalb einfach so rein?

Und was ist mit den Computern, die eben nicht einfach so zu knacken sind? Greift das Grundgesetz da plötzlich wieder? Denen kann natürlich der Bundestrojaner egal sein. Aber es geht hier um rechtliche Aspekte. Dann wäre es doch nur logisch, Hackerangriffe auf in aussichtslosem Umfang gesicherte Systeme straflos zu stellen. Nun, ja, das ist auch die Rechtslage.

Zig Nummern bekloppter wird das – natürlich – im Mutterland des politischen und juristischen Schwachsinns gehandhabt: Minderjährige können sich also auch selbst sexuell missbrauchen.

positive Beispiele – sie sollen nicht verleugnet werden

alternativer Umgang mit jungen Straftätern

Artikel bei SPIEGEL ONLINE vom 25. Juni 2007 — Es ist doch toll, dass auch mal was Neues ausprobiert wird und dann für gut befunden werden kann. Warten wir also auf das "föderalistische Wunder", dass dieser Ansatz anderswo übernommen wird.

Ende der positiven Beispiele