Vorschlag für eine Prozessinnovation
Version 1.1/1.1+, 31.10.2008
Ausgangslage – das Problem des Kunden
Problembewusstsein
Nebenziele, positive Nebeneffekte, weitere Betroffene
Realisierung, mögliche Probleme, Entwicklungskosten und -dauer, Unsicherheit des Entwicklungserfolgs, Investitionsbedarf und variable Kosten
Vorteile der Innovation und ihr Gewicht, Aufwand-Nutzen-Verhältnis, Nachteile der Innovation, Erklärungsbedürftigkeit
Auf vielen wichtigen Autobahnabschnitten entsteht regelmäßig Stau. Für die "planbaren" Staus (speziell auf Stadtautobahnen) soll der folgende Vorschlag die Auswirkungen abmildern.
Ein wesentliches Element der Staubildung und -ausbreitung sind Bremswellen, deren Entstehung und Ausbreitung vor allem einer unvernünftigen Fahrweise geschuldet sind.
Durch die technische Verkehrsüberwachung (Messung des Fahrzeugaufkommens) ist für die jeweiligen Autobahnabschnitte die optimale Geschwindigkeit (Maximierung der Transportkapazität des Abschnitts) bekannt.
Die meisten Autofahrer dürften auf Nachfrage in der Lage sein, kritische Verhaltensweisen zu bennennen, aber diese Kenntnis allein schafft offensichtlich nicht (bei ausreichend vielen) das nötige Bewusstsein und die nötige Handlungsbereitschaft.
Das Ziel des Vorschlags ist die Begrenzung der Ausbreitung der Bremswellen, außerdem die Verhinderung deren Entstehung.
In geeigneten (empirisch zu bestimmenden) Abständen sollen Fahrzeuge in den Stau bzw. staugefährdeten Bereich einfahren und mittels signalisiertem Überholverbot den Verkehr regulieren. Das Hauptziel ist, die Fahrzeugkolonne dazu zu bringen, sich mit konstanter Geschwindigkeit zu bewegen und diese nur selten zu ändern. Vor dem Fahrzeug würde sich dann eine Lücke bilden, die als Puffer die Aufrechterhaltung der vorgegebenen Geschwindigkeit sicherstellt.
Die optimale Geschwindigkeit auf dem jeweiligen Autobahnabschnitt würde diesen Leitfahrzeugen in Echtzeit von der Verkehrsüberwachung mitgeteilt.
Es besteht Anlass zur Hoffnung, dass die bloße Präsenz so einer regulierenden Instanz sich positiv auf die Disziplin der Autofahrer auswirken würde. Dieser Effekt (weniger Spurwechsel und Überholmanöver) ist von der Präsenz von Polizeifahrzeugen bekannt. Die Autofahrer wüssten aus der öffentlichen Diskussion, dass diese Verkehsbeeinflussung nur dann wirklich gut funktioniert, wenn sich niemand danebenbenimmt. Da es theoretisch keine Störeinflüsse mehr gibt, fiele jedes Fehlverhalten auf – zumindest bestünde dieses Risiko. Und niemand will – unabhängig von einer konkreten Überwachung – als derjenige gebrandmarkt werden, der den völlig unnötigen Stau verursacht hat. Heutzutage geht einzelnes Fehlverhalten in der Masse des ungeordneten Verkehrs unter; das wäre dann anders.
Zu bestimmen wäre der situationsabhängige Maximalabstand dieser Leitfahrzeuge. Je flüssiger der Verkehr ist, desto weniger Fahrzeuge benötigt man. Deswegen mag es wirtschaftlich sogar am günstigsten sein, die Einsatzschwelle relativ niedrig zu halten. Ein Stocken des Verkehrs zu vermeiden, ist (auch mit dieser Methode) sicherlich sehr viel leichter, als es aufzulösen.
Um eine optimale Steuerungswirkung zu erreichen, sollten die Leitfahrzeuge nur mit Tempomat fahren.
Der größte Störfaktor in dem Szenario des gelenkten Verkehrsstroms sind die ein- und ausfahrenden Fahrzeuge (das spezielle Problem der Berliner Stadtautobahn). Diese sollten möglichst nicht zu einer Veränderung der (lokalen) Gruppengeschwindigkeit führen, was geeignete Lücken zur Einordnung voraussetzt. Für die ausfahrenden Fahrzeuge (mit reduziertem Effekt auch für die einfahrenden) gilt allerdings, dass die in allen Spuren konstante Geschwindigkeit (und damit Berechenbarkeit der anderen Fahrzeuge) Spurwechsel erheblich erleichtern dürfte. Sie sollten daher wesentlich weniger Instabilität in den Verkehr bringen als heutzutage.
Eine einfache Möglichkeit zur Reduktion dieser Störung ist die Ausdünnung des Verkehrs auf der rechten Spur. Wenn dort nur halb so viele Fahrzeuge unterwegs sind wie auf den anderen Spuren, dann könnten die Spurwechsel ein- und ausfahrender Fahrzeuge vergleichsweise reibungslos vonstatten gehen.
Die sich aufdrängende praktische Frage ist die nach der Durchsetzbarkeit dieses Ziels. Natürlich kann das Leitfahrzeug diese Verhaltensregel signalisieren, aber die ist nur für relativ wenige Fahrzeuge sichtbar. Es bietet sich daher an (sofern dies rechtlich zulässig ist), eine entsprechende Signalisierung über die LSA vorzunehmen. Diese muss nicht einmal durchgängig erfolgen, sondern soll die Fahrer nur erinnern. Allerdings ist es sicher kein Verlust, im Stau bzw. gelenkten Verkehr auf die Anzeige von Tempolimit und Stauwarnung zu verzichten. Durch die hohe LSA-Dichte wäre es sogar möglich, diese Lückensteuerung an den speziellen (durchschnittlichen) Bedarf der jeweils nächsten Auffahrt anzupassen.
Es ist zu hoffen, dass in diesem Fall auch die positive Variante des Gruppenzwangs hilft: Wenn sich die ersten 50 Fahrzeuge hinter dem Leitfahrzeug penibel an die Vorgaben halten, werden die dahinter nicht negativ auffallen wollen.
Eine weitere Verbesserung dieses Störfaktors ist durch mehr technischen Aufwand möglich und in den Erweiterungen beschrieben.
Die Wirksamkeit dieser Maßnahme lässt sich mit Ausnahme des Gewöhnungs- und Informationseffekts schnell und mit überschaubarem Aufwand ermitteln. Zum Ausgleich für die genannten Effekte kann man zum Testen eine sehr hohe Dichte an Leitfahrzeugen verwenden. Es wäre dann damit zu rechnen, dass man im Laufe der Zeit ("steigender Erziehungserfolg") mit immer weniger Fahrzeugen auskäme.
Sinnvoll wäre es, diese Tests an mehreren Tagen durchzuführen und bei jeweils unterschiedlichen Verkehrssituationen einzugreifen. Außerdem würde man natürlich Tests mit unterschiedlich vielen Leitfahrzeugen machen. Zum besseren Verständnis der Wirkung sollte man nicht nur auf das Ergebnis (Durchschnittsgeschwindigkeit) achten, sondern gezielt die Entwicklung des Verkehrsstroms hinter einem gerade auf die Autobahn gefahrenen Leitfahrzeug beobachten. Daraus könnte man dann ersehen, was die beste Einsatzstrategie ist.
Die Kosten des dauerhaften Einsatzes ergeben sich aus folgenden Größen:
Wie viele Fahrzeuge benötigt man? (Was sind die maximalen sinnvollen Abstände?)
Wie lange will man die Fahrzeuge einsetzen? (Über welchen Zeitraum ist die Stadtautobahn jeden Tag so dicht, dass ein solches Eingreifen nötig oder sinnvoll erscheint?
Diese beiden Punkte könnten in einem komplizierten Verhältnis zueinander stehen. Dies etwa dann, wenn ein früherer Einsatz der Fahrzeuge die Situation so verbessert, dass man später mit weniger Fahrzeugen auskommt.
Wen (Personal und Fahrzeuge) nimmt man dafür?
Kein Kostenfaktor, aber natürlich auch spannend ist die Frage nach dem fiskalischen Nutzen (volkswirtschaftlicher Gewinn; Standortattraktivität; eingesparte Kosten durch weniger Unfälle oder andere obsolet gewordene Maßnahmen).
Mit konstant Tempo 40 auf der Stadtautobahn zu fahren, mag man schwerlich als hoheitliche Aufgabe ansehen. Die Polizei dafür einzusetzen verbietet sich wohl schon aus Kostengründen. Sofern dem keine rechtlichen Beschränkungen entgegenstehen (die nicht für die Ewigkeit Bestand haben müssen), sollte man dafür einen privaten Dienstleister finden. So sollte es möglich sein, ein geeignet beschildertes Fahrzeug mit Fahrer für 20-30 EUR/h zu bekommen.
Nimmt man auf den kritischen Abschnitten einen Bedarf von einem Fahrzeug alle fünf Kilometer an und eine kritische Gesamtstrecke (Richtungsabhängigkeit) von 50 km sowie einen täglichen Bedarf von drei Stunden, dann fielen für die reine Ausführung Kosten von 600-900 EUR/Tag an, also 220-330 TEUR pro Jahr.
Ein relevanter rechtlicher Vorteil speziell auf Stadtautobahnen mag die Verringerung der Emissionen (speziell Feinstaub) sein.
Diese Maßnahme ist recht flexibel. Sie mag auch bei unfall- und baustellenbedingten Staus greifen.
Die Begeisterung des Bürgers, Wählers und Steuerzahlers über gewonnene Lebenszeit und Stressverringerung im Straßenverkehr braucht wohl nicht bezweifelt zu werden.
Derselbe ideologische Einwand wie bei jedweder Verbesserung des Straßenverkehrs: das Auto gewinnt an Attraktivität gegenüber dem ÖPNV. Es besteht ein kleines Risiko, dass die erreichte Verbesserung durch ein durch sie erhöhtes Verkehrsaufkommen verringert wird. Aber dazu gibt es sicherlich schon Untersuchungen.
Diese Maßnahme funktioniert um so besser, je mehr Autofahrer ihre Wirkungsweise verstanden haben und sich an die Vorgaben (v.a.: keine unnötigen Spurwechsel, keine erheblichen Geschwindigkeitsänderungen) halten. Dies sollte über die mediale Begleitung in ausreichendem Maß zu erreichen sein.
Naheliegende oder bereits vorgebrachte Einwände:
Die Simulation dieser Maßnahme sei zu teuer.
Die vorgeschlagene Maßnahme lässt sich gar nicht simulieren, weil die dafür notwendigen Parameter nicht bekannt sind. Der Vorschlag behauptet einen Effekt, der bisher nicht untersucht ist, und seine Wirksamkeit hängt vom Ausmaß dieses Effekts ab, das erst durch empirische Untersuchung bestimmt werden muss, bevor man etwa zur Optimierung des Einsatzes solcher Fahrzeuge mit Simulationen arbeiten kann.
Die Wirksamkeit dieser Maßnahme empirisch zu testen, erscheint dem Verfasser gerade nicht teuer. Das größte Problem dabei dürfte sein, dass die Effekte mit der Gewöhnung der Autofahrer an dieses Verfahren eine Zeit lang immer besser werden. Dieses Gewöhnungspotential lässt sich mit einem kurzen Test nicht erfassen.
Es ist verständlich, dass gerade ein klammes Bundesland wie Berlin eine ausführliche Untersuchung nicht finanzieren möchte. Da die Ergebnisse auf den Rest der republik übertragbar sein sollten, bietet es sich an, dass der Bund diese Untersuchung finanziert.
Der vorgeschlagene Ansatz könne funktionieren, löse das Problem aber nicht umfassend. Die Abgeordnete führt drei Aspekte an:
Fahrzeuge, die langsamer fahren als erlaubt (schlimmstenfalls auf der mittleren Spur) und deshalb permanent überholt werden.
Gaffer, die abbremsen, um irgendwas zu beobachten.
Die ein- und ausfahrenden Fahrzeuge.
Grundsätzlich erscheint es unpassend, nur nach Lösungen zu suchen, die alles abdecken. Die Frage muss sein, welchen Nutzen man für welchen Aufwand bekommt. Zu den genannten Problemfällen:
Die vorgeschlagene Maßnahme wird wohl nicht dazu führen, dass der Verkehr auf Tempo 80 gebremst wird (die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Berliner Stadtautobahn...), denn dann hätte man wohl auch ohne Eingreifen kein Problem mit dem Verkehrsfluss. Das Ziel der Maßnahme ist, auch unter widrigen Umständen eine Geschwindigkeit von 40-60 km/h konstant aufrechterhalten zu können. Man wird Verkehrsbehinderungen in der Rush-hour nie komplett beseitigen können. Vermieden werden sollen Staus und stockender Verkehr, der sich mit 20-30 km/h bewegt.
Niemand kommt auf die Idee, in zäh fließendem Verkehr von 60 km/h nur mit 50 km/h zu fahren, wenn dies nicht zwingend nötig ist. Situationen, in denen das zwingend nötig ist, sind so selten, dass sie nicht relevant für die Entstehung von Verkehrsbehinderungen sind.
Auch typische Gaffer-Situationen – der klassische Unfall auf der Gegenspur – spielen statistisch keine Rolle. Es stockt auf der Stadtautobahn nicht an einzelnenen Punken, weil die Aussicht so attraktiv ist, sondern fast überall und speziell an bedeutenden Anschlussstellen.
Die ein- und ausfahrenden Fahrzeuge können zwar weniger gezielt gesteuert werden als die anderen, aber die profitieren massiv von den erreichten Verbesserungen, so dass sich die durch sie entstehenden Behinderungen ebenfalls reduzieren.
Alle drei Effekte betrifft die Erwiderung, dass das Unterbrechen der Bremswellen durch den Puffer vor den Führungsfahrzeugen auf jeden Fall den nachfolgenden Verkehrsfluss verbessert.
Es gibt (außerhalb Berlins) Versuche, Störungen auf der Autobahn durch Ampeln in den Auffahrten zu reduzieren. über den Erfolg dieser Maßnahmen und deren Übertragbarkeit auf die spezielle Situation der Berliner Stadtautobahn kann ich nichts sagen. Es ergibt sich aber eine mögliche positive Wechselwirkung zwischen einer Zuflusssteuerung und der Verkehrslenkung auf der Autobahn. So bietet es sich etwa an, die Lücke vor einem Leitfahrzeug dafür zu nutzen, schnell viele Fahrzeuge auf die Autobahn zu bringen. Natürlich geht das nicht in der Taktung der Leitfahrzeuge (viel zu lang). Aber man könnte – wie bereits oben angesprochen – zeitweise über die LSA für mehr Platz auf der rechten Spur sorgen und diesen sogar an den speziellen Bedarf der jeweiligen Ausfahrt anpassen.
Ob der dadurch zwangsläufig entstehende ungleichmäßige Verkehrsfluss im gelenkten Verkehr die Gesamtsituation verbessert oder verschlechtert, müsste untersucht werden. Allerdings ließe angesichts des technsichen Aufwands (Anzahl der zusätzlichen Ampeln) nur eine erhebliche Verbesserung so eine Maßnahme erwägenswert erscheinen. Testen könnte man sie (im Gegensatz zum Hauptkonzept) allerdings auch an einzelnen Auffahrten mit mobilen Ampeln; also zu überschaubarem Aufwand.
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