Vorschlag für eine politische Maßnahme

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beschleunigte IPv6-Einführung durch Umlage einer IPv4-Besteuerung

Version 1.0/4.0, 19.02.2010

Inhalt

ZusammenfassungÜbersicht

Die Umrüstung der Internetanschlüsse von IPv4 auf IPv6 soll durch eine begrenzte, zweckgebundene Steuer auf nicht IPv6-taugliche Anschlüsse subventioniert und dadurch beschleunigt bzw. überhaupt erst in Gang gebracht werden.

Ausgangslage – das ProblemÜbersicht

Der bei der Einführung des Internet vor etwa 30 Jahren unermesslich groß erscheinende Adressraum des Internet ist fast ausgeschöpft. Bei der aktuellen Wachstumsrate ist in etwa zwei Jahren Schluss mit der Vergabe von Adressen an neue Systeme. Das Problem ist sehr ungleich verteilt. Aus historischen Gründen sind die USA überversorgt, Europa steht gut da (bezogen auf Computer, bei Mobiltelefonen schon nicht mehr), in Asien sieht es ganz schlecht aus.

Das Problem ist schon lange bekannt, die grundlegende technische Lösung schon vor etwa zehn Jahren auf den Weg gebracht worden, aber in der praktischen Umsetzung kommt der größte Teil der Internetnutzer seit Jahren beständig keinen Schritt voran. Die technische Lösung ist ein Wechsel der untersten Protokollebene von IP Version 4 (IPv4) auf IP Version 6 (IPv6), womit im wesentlichen eine unermessliche Vergrößerung des Adressraums einhergeht. Da sich die gut versorgten Teile des Internet selbst mit der Einleitung eines Umstiegs schwertun, gibt es die größten IPv6-Netze inzwischen in China.

Die verbreiteten Betriebssysteme (Windows, Linux, MacOS) können alle mit IPv6 umgehen, auch in älteren Versionen, ohne dass dafür unverhältnismäßig großer Aufwand anfällt. Das Problem sind die Zugangsanbieter (ISPs). Für die (hierzulande) praxisrelevanten Internetdienste braucht man IPv6 nicht. Natürlich nicht, denn es hat quasi niemand IPv6, so ein Dienst wäre also von vorneherein tot, wenn er sich nicht nur an wenige Experten richtet (und dann ist er nicht praxisrelevant). Die bestehenden nennenswerten IPv6-Angebote sind bloß IPv6-Versionen bestehender IPv4-Angebote. Beispiele: Google und Heise (beides technische Vorreiter) haben Server eingerichtet, die nur über IPv6 erreichbar sind.

Technisch könnten die deutschen ISPs ihre Kunden sofort parallel zu IPv4 auch mit IPv6 versorgen (die Rechner entscheiden dann fallweise, was sie benutzen). Sie tun es aber nicht, weil dafür die für die Zugänge verwendete Hardware angepasst werden muss. Es entstehen also Kosten, die (auch wenn sie überschaubar sind) kein normaler Kunde bezahlen will, da er es nicht braucht. Es liegt also ein klassisches Henne-Ei-Problem vor. Ohne massenhafte Verfügbarkeit keine exklusiven Dienste, ohne exklusive Dienste kein nennenswerter Anstieg der Nachfrage.

Kein großer deutscher ISP bietet derzeit seinen normalen Endkunden IPv6-Zugänge an. Wenn man als Privatnutzer IPv6 nutzen will, geht das nur über Softwaretricks, die nicht massentauglich sind.

Politisch gesprochen: Die Untätigkeit Europas (und der USA) geht zu Lasten der unterversorgten Länder Asiens und Afrikas. Dieses Problem kann man aber nicht aussitzen. In sehr überschaubarer Zeit wird es nämlich auch in Europa zum großen Knall kommen.

Problembewusstsein

Jeder, der ein bisschen Ahnung von Computernetzwerken hat, weiß seit Jahren, dass hier ein Riesenproblem auf uns zukommt. Die Untätigkeit steht in einem scheinbar krassen Widerspruch zum Erkenntnisstand. Der Grund für die Untätigkeit ist, dass keine technischen, sondern wirtschaftliche Probleme zu lösen sind. Aus diesem Grund kommt ein Einschreiten des Staates überhaupt erst in Frage.

ZielÜbersicht

Das Ziel der Politik muss sein, einen realistischen Plan für einen sauberen Übergang zu IPv6 zu entwickeln. Es geht dabei nicht darum, den Internetnutzern die neue Technik aufzuzwingen: Sie werden sie sowieso nutzen, wenn sie keine Adressen des alten Formats mehr bekommen. Es geht vielmehr darum, durch vorbereitende Maßnahmen einen sanften Übergang zu ermöglichen und ein Zwei-Klassen-Internet zu vermeiden.

Alles, was die Politik dafür tun muss, ist, das wirtschaftliche Problem zu lösen, das derzeit die Ausbreitung von IPv6 blockiert.

Über zusätzliche Steuerbelastung freut sich die wirtschaft üblicherweise nicht, aber in diesem Fall könnte das wohlwollend aufgenommen werden, weil der Nutzen eines belastbaren Umstellungsfahrplans für alle Beteiligten hoch ist.

Nebenziele, positive Nebeneffekte, weitere Betroffene

Je früher IPv6 sich durchsetzt, desto eher kann eine neue Generation von Onlineangeboten entstehen, die auf der Vernetzung und (prinzipiellen; das ist nicht automatisch ein Sicherheitsproblem) öffentlichen Erreichbarkeit vieler Haushaltsgeräte basieren. Es kann nicht im Interesse der EU sein, den Asiaten diesbezüglich einen Entwicklungsvorsprung "aufzuzwingen" (weil die mangels freier IPv4-Adressen früher umsteigen).

UmsetzungÜbersicht

Die – gewissermaßen sehr deutsche – Lösung des Problems liegt in seiner Besteuerung. Das politische Übel sind IPv4-Zugänge, die keine IPv6-Adressen beinhalten. Also besteuert man genau diese Zugänge. Die Einnahmen verwendet man zweckgebunden, um die Umstellung auf IPv6 zu subventionieren. Wenn die Umstiegskosten für einen ISP gering genug sind, beginnt er die Umrüstung. Es ist damit zu rechnen, dass die Kosten für diese Umrüstung im Laufe der Zeit fallen.

Die Ergebung der Steuer ist nicht trivial (Bemessungsgrundlage: genaue sachgerechte Bestimmung der Anschlüsse), aber machbar. Spannend ist dagegen die Frage der Verteilung der Subventionen und der Festlegung der Höhe der Besteuerung.

Höhe der Besteuerung

Die Höhe der Besteuerung richtet sich vor allem danach, wie viel Geld man braucht. Auf den ersten Blick könnte man sagen, dass insgesamt so viel Geld zusammenkommen muss, dass man alle deutschen Internetanschlüsse davon umrüsten kann. Das ist aber einerseits schwer zu kalkulieren und andererseits schon übers Ziel hinausgeschossen. Sobald IPv6 eine kritische Masse erreicht hat (vielleicht ein Viertel der Anschlüsse), wird es sich auf Dienstseite etablieren und so dazu führen, dass auch ohne staatlichen Eingriff nach und nach die restlichen Internetzugänge umgestellt werden. Es wäre kein Problem, wenn es in zehn Jahren in Deutschland noch eine Million Zugänge gibt, die nur IPv4 bieten, denn für Bestandskunden sind genug Adressen vorhanden. Sobald die Masse der Internetnutzer auf IPv6 umsteigt (bzw. das absehbar ist), ist das Problem gelöst.

Es wäre also ausreichend, die Gesamtsteuereinnahmen (über mehrere Jahre) so zu kalkulieren, dass man damit die Umrüstung von z.B. 25% der Anschlüsse finanziert. Das genaue Steueraufkommen kann nicht prognostiziert werden, da man nicht weiß, wann wie viele Anschlüsse schon umgestellt sind, was vor allem davon abhängt, wie hoch sich die ISPs subventionieren lassen. Der Subventionsbedarf ist aber abschätzbar. Der nächste Schritt ist die politische Festlegung, wie schnell die Umrüstung erfolgen soll, wie viele Anschlüsse pro Jahr umgestellt werden sollen. Bei einer konstanten Besteuerung wäre die Folge, dass die Steuereinnahmen im ersten Jahr am höchsten wären und dann kontinuierlich fielen, weil die Bemessungsgrundlage, die Anzahl der Zugänge ohne IPv6, immer kleiner würde. Nun entspricht das nicht der wirtschaftlichen Realität bei der Einführung neuer Produkte. Auch die ISP-Hardware muss erst mal hergestellt werden. Man sollte also so planen, dass der Umstieg langsam beginnt und sich dann beschleunigt. Steuerlich kann man das so umsetzen, das die Besteuerung pro Nur-IPv4-Zugang (anfangs) kontinuierlich erhöht wird, so dass trotz fallender Anzahl besteuerter Anschlüsse die Gesamteinnahmen steigen.

Man könnte sogar die Steuerhöhe zur Ergebnisgröße machen: Man nimmt die Verteilung (nicht aber die Auszahlung) der Subventionen zu Beginn eines Zeitraums (eines Jahres) vor. Danach weiß man, in welcher Höhe Subventionen benötigt werden, um die politisch gewollte (in Absprache mit dem branchenverband festgelegte) Menge an Anschlüssen umzurüsten. Diese Gesamtsumme würde dann auf die bekannte Zahl besteuerter Anschlüsse verteilt, so dass man nicht durch von der Kalkulation abweichendes Verhalten der Unternehmen zu viel oder zu wenig Geld da ist.

Sobald der gewünschte Anteil der Anschlüsse umgestellt ist, fiele die Besteuerung der Nur-IPv4-Anschlüsse weg.

Verteilung der Subventionen

Irgendwie muss der jährlich verfügbare Subventionstopf auf die umrüstungswlligen Unternehmen verteilt werden, und das fair. Es bietet sich an, dies mit einer Auktion zu machen. Derjenige, der pro Anschluss die niedrigste Subvention verlangt, bekommt den Zuschlag. So verfährt man, bis der Topf leer ist. So kann eine Wettbewerbsverzerrung vermieden werden. Insbesondere können sich ISPs in diesem Szenario realistischerweise nicht übersubventionieren lassen (Höhe des Zuschusses übersteigt die der Kosten).

strategisches Verhalten

Je länger ein ISP mit der Umrüstung wartet, desto mehr Steuern muss er zahlen, mit denen er seine Wettbewerber subventioniert. Die Unternehmen würden also die Steuerersparnis durch eine frühere Umstellung auf die Subvention draufschlagen. Die Unternehmen hätten die Tendenz, eher früher als später umzurüsten.

mögliche Probleme

ungleiche Verteilung der IPv6-Anschlüsse auf die Anbieter

Auch wenn davon auszugehen ist, dass nach dem Ende der Subventionierung die restlichen Anschlüsse zum Großteil nach und nach umgestellt werden, ist zu überlegen, ob der Politik (im Sinne eines fairen Wettbewerbs) egal ist, wie sich die umgerüsteten Anschlüsse auf die Anbieter verteilen. Eventuell ist es vorteilhaft, einen Markt aus komplett und gar nicht umgerüsteten Anbietern zu haben, weil dadurch insgesamt weniger Kosten anfallen. Wenn das so ist, würden große Anbieter, die sowieso nur einen kleinen Teil ihres Netzes subventioniert bekämen, sich womöglich gar nicht um die Subventionen bewerben, weil es für sie günstiger ist, die Steuern zu zahlen, ohne von Subventionen zu profitieren, und dafür irgendwann eine planvolle Umstellung durchzuführen. Ob dies ein Problem darstellt, sollte mit dem Branchenverband geklärt werden.

ungenutzte Anschlüsse

Man kann vernünftigerweise nur solche Anschlüsse besteuern, die auch verwendet werden, nicht aber die, die theoretisch irgendwo zur Verfügung stehen (zumal ungenutze Anschlüsse das Adressproblem nicht beeinflussen). Hier stellt sich also die Frage, was genau man besteuert, wobei diese Festlegung keinen großen bürokratischen Aufwand verursachen sollte.

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