Vorschlag für eine Verbesserung der emotionalen Beziehung der Bürger zur EU

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EU-"Nationalmannschaften"

Version 1.0/2.3, 30.06.2008

Inhalt

Zusammenfassung — Übersicht

Die Aufstellung einer "EU-Nationalmannschaft" in publikumswirksamen Sportarten für regelmäßige Freundschaftsspiele soll dem Mangel an emotionaler Begeisterung der Bürger für die EU entgegenwirken.

Ausgangslage – das Problem — Übersicht

Es wird häufig, speziell nach dem Scheitern der Volksabstimmungen über die EU-Verfassung und den Vertrag von Lissabon, behauptet, dass der Enthusiasmus der EU-Bürger für das politische Zusammenwachsen Europas verglichen mit dem der Regierungen (und Parlamente) eher gering ausgeprägt sei. Diese Einschätzung erscheint vernünftig.

Dieses Problem ist zuvorderst politischer Natur. Die Bürger müssen von Sinn und Gewinn der geplanten Änderungen überzeugt werden. Aber der politisch-rationelle Aspekt ist nur die eine Seite des Problems. Fragestellungen, die die Nationalstaaten betreffen (hier der Verlust an Souveränität), sind immer auch emotional gefärbt. Den Einfluss dieser Sphäre sollte man nicht unterschätzen, erst recht nicht bei schlecht informierten Bürgern (die – politisch – eher aus dem Bauch heraus entscheiden).

Wie auch der nationalstaatliche Patriotismus Ereignisse und Symbole braucht, an denen er sich reaktivieren und entwickeln kann, so wird auch ein europäisches Bewusstsein nicht ohne diese Pfeiler auskommen. Die fehlen aber bisher. Das vielleicht einzige Ereignis dieser Art war die Einführung des Euro. Europawahlen dagegen sind letztlich ein eher bürokratischer Akt mit wenig erkennbaren praktischen Auswirkungen und minimalem Begeisterungsfaktor.

Problembewusstsein

Der "Motivationsmangel" der Bürger dürfte Konsens sein. Der europapolitische Alltag ist von diesem Wissen wenig geprägt; aber das heißt nicht, dass die Verantwortlichen sich bei einer konkreten Maßnahme nicht engagiert beteiligen würden.

Ziel — Übersicht

Um den Bürgern ein hinreichend großes, wiederkehrendes Ereignis zu bieten, bei dem sie sich, die Nationalstaaten überwindend, als EU-Bürger fühlen können, sollten die geeigneten politischen Instanzen der EU und der Mitgliedsstaaten auf ihre nationalen Sportverbände (in den publikumswirksamen, medial dominanten Sportarten, also vor allem im Fußball) dahingehend einwirken, dass diese von Zeit zu Zeit, etwa halbjährlich, eine "EU-Nationalmannschaft" aufstellen, die dann gänzlich abseits der etablierten Wettbewerbe für Freundschaftsspiele durch die Welt tingelt.

So eine Mannschaft wäre zwar mangels Trainingszeit nicht eingespielt, aber zumindest formal sehr hochkarätig. Zumindest, wenn diese zusammengewürfelte Truppe nicht weit unter ihrem erwarteten Niveau spielt, sollten diese Spiele eine große Aufmerksamkeit erzeugen. Die Zuschauer haben mindestens drei Identitikations-Anknüpfungspunkte:

  1. Es ist wenigstens ein Spieler ihrer eigenen Nationalmannschaft dabei. Dies könnte man durch einen entsprechenden Zusatz neben der EU-Flagge kenntlich machen; weniger als Erkennungshilfe für die Zuschauer seines Landes, sondern als Positivprägung für die jeweils anderen: Könnte dieser Franzose bitte noch mal ein Tor für uns schießen...?

  2. Es ist ein (EU-ausländischer) Spieler des bevorzugten nationalen Clubs dabei (gerade die Besten spielen oft im Ausland).

  3. Und zuletzt natürlich die eigene EU-Zugehörigkeit.

Über die mediale Aufmerksamkeit im Gastland – ein für die einmaliges Ereignis – muss man nicht lange diskutieren, aber die ist für den verfolgten Zweck der Maßnahme wohl nachrangig. Allenfalls könnte eine europäische Berichterstattung über den Trubel im voraus im Gastland dem Zweck noch dienlich sein. Andererseits ist natürlich denkbar, dass es Teile der (möglichst fußballrelevanten) Welt gibt, in denen die EU gerne ihr Image verbessern möchte.

Nebenziele, positive Nebeneffekte, weitere Betroffene

Ländervorstellung

Man könnte diese Spiele unter den Vorbehalt stellen, dass vor dem Spiel ein kurzer, vielleicht fünfminütiger Informationsfilm abläuft, so wie es vom Grand Prix bekannt ist. Allerdings könnte man natürlich nicht in der wünschenswerten Ausführlichkeit alle EU-Staaten abhandeln. Deshalb bietet sich an, dass die Zuschauer des Gastlands (bzw. der Nicht-EU-Länder) immer denselben Film sehen, der die EU als Ganzes vorstellt, während die europäischen Zuschauer immer einen anderen Film zu sehen bekommen, der jeweils ein Land vorstellt.

öffentlichkeitswirksame Förderung europäischer Aktivitäten

Vielleicht kann man sich mit den Sportverbänden dahingehend einigen, dass ein Teil der Einnahmen in den Dienst der Sache gestellt wird. Man könnte etwa Jugendmannschaften eine zweiwöchige "Tournee" durch mehrere EU-Länder spendieren. Diese "Verlosung" könnte man vor oder nach so einem Spiel mit großem Brimborium ablaufen lassen, so dass diese Freundschaftsspiele eine vergleichsweise hohe Aufmerksamkeit bekämen. Die können dann auch jeweils von einem EU-Abgeordneten des Austragungsortes eröffnet werden. So hätte man, zumindest regional, auch zwischen den sportlichen Großereignissen immer etwas Öffentlichkeit, die dieses Dauerprojekt im Bewusstsein der Bevölkerung hält.

Umsetzung — Übersicht

Anforderungen

Realisierung

Strenggenommen benötigt man die Sportverbände dafür nicht, da es gerade um ein Vorhaben jenseits deren Wirkungskreises geht; außerdem ist es sicher nicht unproblematisch, wenn sich so viele Verbände auf eine gemeinsame Linie einigen sollen. Rein praktisch gibt es natürlich Fußballnationen und solche, deren Meinung in dieser Sache nicht relevant ist. Wenn Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande und Spanien dabei sind, dann ist sportlich belanglos, ob Luxemburg und Österreich sich mit dem vorgeschlagenen Verfahren anfreunden können. Natürlich geht es hier weniger um sportliche, als vielmehr "politische" Effekte, aber der öffentliche Druck bei den Fußballzwergen unter den EU-Ländern wird ein Ausscheren gegen die Vorgaben der Großen unmöglich machen. Bei diesem Projekt gibt es schließlich kein Veto-Recht. Als Interessenausgleich für die EU-Staaten, die sportlich kaum vertreten sind, ist denkbar, dort einige Spiele auszurichten (also etwa 50% der Spiele bei den gegenerischen Mannschaften, 50% mit der EU als Gastgeber). Dabei könnte ein Vergabekriterium sein, wie sehr sich das jeweilige Land um den europäischen Sport verdient gemacht hat – das wäre dann ein Anreiz.

Ablauf

Sinnvoll erscheint folgende Kommunikationsstrategie:

  1. Zunächst sollten möglichst viele nationale Parlamentarier mit Europabezug dafür gewonnen werden.

  2. Dann sollte man den Außenminister (und – wegen des symbolischen Charakters des Projekts – vielleicht den Bundespräsidenten) dafür gewinnen.

  3. Dann sollte diese Gruppe geschlossen an die Sportpolitiker herantreten, quasi dies als Bitte im Interesse der Anfragenden an die Fachlich-Zuständigen herantragen.

  4. Dann sollten diese beiden Ebenen (Europa- und Sportpolitiker) sich an ihre europäischen Kollegen wenden. Das ist vermutlich erfolgversprechender, wenn man – als Vertreter der Fußballnation Deutschland – alle relevanten (nationalen) politischen Instanzen schon mal hinter sich hat. Sollte es nicht praktikabel erscheinen, alle gleichzeitig zu kontaktieren, dann würde man sich sinnvollerweise zunächst an die fußballerisch relevanten Nationen wenden.

  5. Wenn die politische Unterstützung des Vorhabens geklärt ist, sollten europaweit die zuständigen Politiker an ihre nationalen Sportverbände (nicht nur Fußball) herantreten. Wenn denen klar ist, dass eben nicht der eine Verband von seiner Regierung und/oder seinem Parlament angesprochen wird, sondern dies gerade an alle europäischen Verbände herangetragen wird, dann sollte ein Ausscheren schwieriger sein.

    Man mag dann gleichzeitig die Presse darüber informieren, dass man diese Idee hat und an die Sportverbände herangetragen hat. Das wäre eine gute Gelegenheit, um zu betonen, dass man Vorschläge gemacht hat und nach Möglichkeit das ganze Projekt komplett in die Hände der Sportverbände geben möchte. Man muss ja nicht. Wenn die Spieler dabei mitmachen wollen, werden die Sportverbände das nicht verhindern können.

Der Verfasser hat diesbezüglich keine Erfahrung, aber es erscheint nicht unwahrscheinlich, dass bei solchen Projekten persönliche Befindlichkeiten eine Rolle spielen. Das geht schon bei Wer wurde zuerst gefragt und warum? los. In diesem Fall müssen leider ziemlich viele Leute gefragt werden. Es mag der Atmosphäre förderlich sein, wenn man nicht den Eindruck erweckt, dass die Sportverbände nun eins zu eins das ausführen sollen, was Politiker sich ausgedacht haben, sondern wenn man betont nur gut durchdachte Vorschläge in die Diskussion gibt.

mögliche Probleme

Interesse der Sportverbände

Hier besteht das grundsätzliche Problem, dass die politische Ebene der EU (hoffentlich...) etwas will, aber eine andere, nicht weisungsgebundene Ebene dafür braucht (mehr oder weniger, aber Konfrontation ist absolut nicht wünschenswert).

Daher drängt sich die Frage auf, welches Eigeninteresse die Sportverbände an diesem Projekt haben könnten. Grundsätzlich liegt öffentliche Aufmerksamkeit wohl immer im Interesse der Verbände. Angesichts des komplett durchkommerzialisierten Sports ist obendrein sehr relevant, dass man mit der Vermarktung solcher Sportereignisse natürlich auch Geld verdient. Auf der anderen Seite sind die Kosten gering: Es ist immer nur ein einziges Spiel zu organisieren, der Planungsaufwand ist also minimal. Die Vermarktungsbedingungen können den Gastgeberländern diktiert werden (vielleicht in Grenzen, die die Politik zieht, um den Imagewert nicht zu gefährden). Und natürlich sonnt sich der Sport gern in seinem Selbstbild als unverzichtbare Säule der Gesellschaft. Wenn nun die Politik an die Verbände herantritt, um ein Problem zu lösen (weil sie es selber nicht hinkriegt), dann mag sich auch das eine oder andere Funktionärsego arg geschmeichelt fühlen.

Mannschaftsaufstellung / Disprepanz der Anzahlen der EU-Staaten und Spieler

Ein Riesenproblem angesichts der Tatsache, dass die EU schon mehr Mitgliedsländer hat, als ein EM-/WM-Kader Spieler enthält, ist die Trainerkompetenz bezüglich der Mannschaftsaufstellung. Ein EU-bürokratisches Verfahren der Art Jeder darf einen aufstellen wäre sportlich natürlich dermaßen albern, dass man die Attraktivität der ganzen Veranstaltung gefährden würde.

Auf jeden Fall sinnvoll erscheint die Gewohnheit bei Freundschaftsspielen auf dieser Ebene, das Auswechsellimit aufzuheben. So könnten in einer Kernmannschaft von vielleicht neun Spielern alle 20 Minuten zwei aus dem "Quotenkader" eingewechselt werden. Das hätte sportlich den Reiz, dass diejenigen (die immerhin irgendwo Nationalspieler wären) sich in dieser kurzen Zeit verausgaben könnten, was dem Spielfluss sehr zuträglich wäre. Auf der anderen Seite bekäme so (fast) jedes EU-Land auch mal einen eigenen Spieler zu sehen.

Für die Aufstellung selber sollte man vielleicht auf Sportidole zurückgreifen, die dem Tagesgeschehen inzwischen entrückt sind und international hohes Ansehen genießen, wie etwa Beckenbauer. Da das nicht mit Arbeit, wohl aber mit Prestige verbunden wäre (nicht nur auf sportlicher, sondern eben auch auf politischer Ebene), sollten sich da geeignete Interessenten finden lassen.

Einwände — Übersicht

Naheliegende oder bereits vorgebrachte Einwände:

Erweiterungen — Übersicht

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1.0 (30.06.2008)