Vorschlag für eine Produktinnovation

rechnerspezifische Linuxdistributionen

Version 1.0/1.7, 29.03.2005

Hauke Laging, Grazer Platz 22, 12157 Berlin, Tel.: 030/32603660, mobil: 0172/7630883, E-Mail: hauke@laging.de
Student des Wirtschaftsingenieurwesens und Mitarbeiter des Lehrstuhls für Technologie- und Innovationsmanagement an der Technischen Universität Berlin.

Übersicht


Zusammenfassung – Übersicht

Ziel des Vorschlags ist die Erschließung neuer Kundengruppen durch minimale technische Änderungen der bestehenden Distribution (das Ausblenden beinahe jeder Auswahlmöglichkeit) und geschicktes Marketing. Die Neuerung läge darin, dass eine angepasste Version der Distribution für eine spezielle (weit verbreitete) Rechnerkonfiguration angeboten würde.

Ausgangslage – das Problem des Kunden – Übersicht

Zu den gewichtigen Gründen, die die Masse der Windows-Nutzer davon abhält, sich mit Linux zu beschäftigen, gehören folgende:

  1. mangelnde Kenntnis, gering ausgeprägtes Interesse, Softwareabhängigkeiten

  2. Sorge um die Komplexität der Installation (befürchtete oder reale eigene Unfähigkeit, gewisse Einstellungen vorzunehmen), Horrorgeschichten - SPIEGEL ONLINE hat kurzlich Großartiges in diesem Zusammenhang "geleistet" - über Probleme mit bestimmter Hardware

  3. Die meisten DAUs fühlen sich von Linux auch in dem Sinne nicht angesprochen, dass sie kaum den Eindruck haben dürften, zur Zielgruppe zu gehören.

Die Punkte unter 1. lassen sich kaum adressieren, aber die anderen soll der folgende Vorschlag abschwächen.

Ziel – Übersicht

Dem Käufer eines Rechners, der in hinreichend großen Stückzahlen verkauft (primär die "Superschnäppchen" bei ALDI und Konsorten) und vor allem von einer technisch wenig versierten, also bisher schlecht erreichten Zielgruppe gekauft wird, soll eine Version der Distribution angeboten werden, die seinen Rechner kennt. Diese Version ließe sich dann "im Idiotenmodus" installieren: DVD rein, zweimal Enter drücken, nach 30 Minuten einloggen. Der Installationsvorgang hätte die "Komplexität" einer Windows-Recovery-CD.

technische Umsetzung – Übersicht

Die Standarddistribution könnte mit einem Mechanismus versehen werden, der das Vorhandensein bestimmter Konfigurationsdateien abfragt (so etwas gibt es in Ansätzen ja bereits). Diese enthielten dann alle nötigen Angaben zur fraglichen Hardware und eine feste Softwareauswahl. Voraussetzung wäre allein, dass noch genügend Platz auf der Festplatte ist. Aber angesichts der heutigen Kapazitäten erscheint das als theoretisches Problem. Es wäre sinnvoll, einen Mechanismus vorzusehen, der es erlaubte, nur die nötigen Daten auf einem zweiten Datenträger unterzubringen, so dass Interessierte sich diese herunterladen und selber brennen können. Denkbar wäre das Abfragen einer entsprechenden CD, die dann kurzzeitig einzulegen wäre, damit die Konfigurationsdateien für die Installationsroutine kopiert (oder eingelesen) werden können. Das schafft auch der unterdurchschnittlich kompetente Windows-Anwender noch. Hier wäre möglicherweise problematisch, dass der Datenträger mit dem root-Dateisystem ausgehängt werden müsste. Die Alternative wäre, ein kleines CD-Image bereitzustellen, dass lediglich Linux bootet (könnte an die fragliche Hardware angepasst und daher sehr klein sein) einen modifizierten Installer startet und diesen dann den Originaldatenträger abfragen lässt. Ebenfalls idiotensicher.

Realisierung

Am einfachsten dürfte es sein, einfach die Standard-DVD anzupassen (mit der jeweiligen Konfigurationsdatei). Beim Start würde dann geprüft, ob es sich auch um einen entsprechenden Rechner handelt. Wenn nicht (und auf Wunsch), würde die normale Installationsroutine gestartet. Bei der Gelegenheit könnte man die aktuellen Patches mit reinnehmen.

Kosten

Diese Versionen hätten natürlich das Problem relativ geringer Auflagen von vielleicht einigen hundert pro PC-Serie. Der jeweilige Erstellungsaufwand wäre überschaubar, ein Tag Arbeit, wenn man es erst mal gewohnt ist. Andererseits besteht durchaus Grund zu der Annahme, dass durch die rigiden Beschränkungen die Supportkosten geringer ausfielen.

Marktchancen – Übersicht

Zielgruppen, Preisspanne, Umsatz, Vertrieb

Zielgruppe wären die technisch wenig kompetenten Leute, die man auf absehbare Zeit aus den eingangs genannten Gründen mit "normalen" Linux-Distributionen nicht erreichen wird. Aus diesem Grund erscheinen auch vergleichsweise geringe Stückzahlen und ein vergleichsweise hoher Aufwand akzeptabel, weil jeder Verkauf in dieses Segment den Linux-Markt vergrößerte. Allerdings wäre zu überlegen, ob man sich auf Rechner einlässt, die lediglich mit einer Recovery-CD geliefert werden, die dann auch die schöne Linux-Installation platt machte (Supportterror...).

Als Vertriebsweg kommt, solange die Supermärkte nicht kooperieren (was unwahrscheinlich erscheint), wohl nur der Direktvertrieb in Frage. Die registrierten Käufer der normalen Distribution könnten die angepasste DVD gegen eine Schutzgebühr anfordern. Im Portal für registrierte Nutzer würden die Rechner angezeigt, die in dieser Weise unterstützt werden. Dass dadurch mehr vollwertige DVDs in Umlauf kommen, ist wohl kaum problematisch, da der jeweilige Kunde einen Nutzer derselben Distribution kennen müsste. Wenn das aber der Fall ist, kümmert der sich auch um die Probleme, so dass der technische Support weniger belästigt würde. Je nach technischer Umsetzung (s.o.) könnten auch kleine CD-Images bereitgestellt werden, die den Originaldatenträger nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen. So eine "Loader-CD" würden die Supermärkte den Rechnern womöglich sogar beilegen, wenn das irgendwie nach Mehrwert aussieht. Vermutlich würden sie zunächst versuchen, sich das bezahlen zu lassen, aber diese Anspruchshaltung mag zurückgehen, wenn das System erst mal etabliert und bei den Kunden bekannt ist.

Da gerade die technisch wenig kompetenten Nutzer für ein ihnen unbekanntes Betriebssystem wohl nicht viel ausgeben würden, sollte nicht mehr als eine Schutzgebühr für die angepasste DVD gefordert werden. Die Motivation dieser Aktion läge auch eher im strategischen Bereich, nämlich dem Vorantreiben der Diffusion von Linux in neue Käuferschichten. Durch diese Maßnahme könnte sich ein Distrubutor in diesen Kreisen einen Namen machen; auch bei den Leuten, die das Angebot nicht nutzen. Diese werden aber in den Folgejahren zum Teil Linux ausprobieren und dann eine entsprechende Neigung zu der jeweiligen Distribution entwickelt haben (sofern sie dann noch auf sich allein gestellt sind).

Vermarktung

Die spannende Frage ist, wie man die Information über das Produkt an die Kunden bringt. Es besteht wohl berechtigte Hoffnung, dass die Laienpresse dieses neue Produkt aufgreifen und besprechen wird. Wenn zukünftig Sonderangebote von den PC-Purzeln angekündigt werden, könnte man versuchen, den entsprechenden Hinweis in die Meldung zu bekommen: "XYZ hat angekündigt, pünktlich zum Verkaufsstart eine Anpassung seiner Linux-Distribution kostenlos zur Verfügung zu stellen..."

Imitationsrisiko

Natürlich kann jeder Wettbewerber diese Maßnahme ohne große zeitliche Verzögerung imitieren, allerdings mag es gelingen, dass sich bei dieser Käuferschicht und auch bei der über die "Schnäppchen" berichtenden Presse der erste Anbieter im Gedächtnis festsetzt. Als Wettbewerber kommen hierfür natürlich nur Distributionen in Frage, die sich (auch) an Laien richten.

Erweiterungen – Übersicht

Ausweitung

Es ist vorstellbar, dass dieses Angebot bei technisch wenig versierten Nutzern gut ankommt. In diesem Fall könnte das Angebot auf andere, noch relativ großzahlige PC-Konfigurationen ausgedehnt werden (wobei man sich auf die Bereitstellung von CD-Images beschränken könnte, um den Aufwand überschaubar zu halten.

Support

Dies bezieht sich auf die ganz normale Distribution: Möglicherweise ist es praktikabel, bestimmte Supportprobleme durch Bereitstellung solcher Loader-Images zu lösen, etwa dann, wenn Softwarefehler (im Kernel oder im Installer) oder unausgereifte Treiber auf bestimmter Hardware Probleme machen. Das mag man so weit treiben, dass man für jede Version der Distribution eine entsprechend den Supporterkenntnissen angepasste, ständig aktualisierte Version eines Failsafe-Loaders bereitstellt. CD-Images kann man unter jedem Betriebssystem brennen. Für viele Leute mag das bequemer sein, als sich mit Kerneloptionen oder anderem Technikkram auseinanderzusetzen. In diesem Fall müsste eventuell der ebenfalls korrigierte Standardkernel von dieser Loader-CD installiert werden (statt des Originals, falls dieses dieselben Probleme wie der Boot-Kernel des Installationsmediums hätte). Im Handbuch und auf der Support-Startseite im Web könnte dann stehen: "Versuchen Sie es bei Installationsproblemen bitte erst einmal mit der neusten Version der Installationssoftware - Download."


Änderungen am Dokument – Übersicht

1.1