Vorschlag für eine rechtliche Verbesserung

rechtliche Maßnahmen gegen unerlaubte Werbeanrufe (Cold Calls)

Version 1.2/1.9, 19.02.2007 (12.07.2005)

Hauke Laging, Grazer Platz 22, 12157 Berlin, Tel.: 030/32603660, mobil: 0172/7630883, E-Mail: hauke@laging.de

Student des Wirtschaftsingenieurwesens und ehemaliger Mitarbeiter des Lehrstuhls für Technologie- und Innovationsmanagement an der Technischen Universität Berlin.


Problem

Der Telefonmissbrauch wird genauso zunehmen wie Spam – er ist, vor allem beim Einsatz automatisierter Ansagen, einfach zu verlockend.

Möglich ist er vor allem auch deshalb, weil die Anrufer sich nicht nur einen zusammenlügen, der Angerufene habe ja mal sein Einverständnis erklärt, sondern auch, weil man sich erst auf das Gespräch einlassen muss, um zu erfahren, wer einen da anruft. Auf die Frage nach einer ladungsfähigen Anschrift wird man im Regelfall keine Antwort bekommen. Und natürlich lassen Kriminelle auch nicht ihre Rufnummer übertragen.

Im Allgemeinen wird man dem Angerufenen glauben, aber die Anzahl und Uhrzeit der Anrufe konkret nachzuweisen, ist für ihn natürlich schwierig.

Lösung

Als Gegenmaßnahme sollten Unternehmen, die in einem festzulegenden "größeren Umfang" Leute zu Vertriebszwecken anrufen, europaweit verpflichtet werden, diese Anrufe nur über einen speziellen Telefondienst zu führen, der alle Gespräche protokolliert und eine geeignete Zeit lang archiviert (nur die Verbindungsdaten, natürlich nicht das Gespräch an sich); von Datenschutz kann in diesem Zusammenhang natürlich keine Rede sein. Dieser Dienst sollte dann auch zwischen menschlichen und automatisierten Anrufen unterscheiden, weil auch das rechtlich relevant sein kann. Unternehmen, die diese Schwelle an Anrufen nicht erreichen, sollten ebenfalls zur Nutzung verpflichtet werden können, wenn sie diesbezüglich negativ aufgefallen sind. Diesen Dienst kann jede Telefongesellschaft anbieten. Technisch ist das trivial und erzeugt nur geringfügige Mehrkosten.

Jeder Kunde könnte dann eine zentrale Servicenummer anrufen und sich von dem Computer vorlesen (und auf Wunsch schriftlich bestätigen) lassen, wer ihn wann angerufen hat. Das Fernmeldegeheimnis gilt wohl kaum für Firmen, insbesondere dann, wenn die es ganz überwiegend zu illegalen Zwecken einsetzen und damit höherwertige Rechtsgüter von Privatleuten verletzen. Wenn diese Plage ausufert, könnte man diese Anrufe prima besteuern. Ob die Telefonrechnung einer fraglichen Firma die Nutzung dieses Dienstes ausweist, lässt sich leicht überprüfen. Einzelne Anrufe daran vorbeizuschmuggeln, lohnte sich nicht.

Wenn erst mal transparent ist, wer wen wann angerufen hat, greifen die bereits verfügbaren rechtlichen Möglichkeiten in ausreichendem Maß, wobei dies über ein entsprechendes Informationsangebot noch verbessert werden könnte. Außerdem könnte man die Möglichkeit vorsehen, dass eine geeignete Institution (Netzagentur, Verbraucherschützer) stichprobenartig kontrollieren dürfen, ob für die Angerufenen Einverständniserklärungen vorlagen. Man darf vom Betreiber dann auf jeden Fall verlangen, dass er diese Erklärungen in der Menge der getätigten Anrufe nachweist.

Im Fall eines Verfahrens gegen das Unternehmen könnten so auch leicht weitere Geschädigte ermittelt werden. Da man wüsste, wer angerufen wurde, könnte man bei diesen Leuten nachfragen, ob sie zuvor ihr Einverständnis erklärt haben, sollte das nötig sein.

Anrufvarianten

VoIP

Die obige Beschreibung betrifft lediglich die Funktionalität eines Netzes, nicht seine technische Realisierung. Es wäre daher durchaus möglich, über dieses Verfahren auch VoIP-Anrufe zu erfassen, denen ein deutlich höheres Missbrauchspotential zugeschrieben wird als den normalen Telefonnummern (wegen der nochmals geringeren Kosten). Ein Anbieter könnte also durch dieses System Kosten sparen und sich dennoch anforderungskonform verhalten.

Werbefaxe

Auch der Versand von Werbefaxen könnte ab einem bestimmten Umfang über dieses protokollierende Telefonnetz geführt werden müssen. Damit wäre auch den Faxabruf-Betrügern das Handwerk gelegt.

Auslandsanrufe

Auftraggeber haften für ihre Handlanger. Natürlich wäre eine entsprechende EU-weite Lösung das Optimum, aber die Wirksamkeit eines nationalen Alleingangs ergibt sich schon daraus, dass die Nutznießer ganz überwiegend in Deutschland sitzen. Wenn also eine deutsche Firma einen ausländischen Dienstleister beauftragt und dieser seine Anrufe nicht über dieses Netz abwickelt, zahlt der Auftraggeber dafür genauso, als hätte er selber so gehandelt.

Sinnvolle Erweiterungen

Vermerken von vermeintlichen Anruferlaubnissen

Firmen, die der Ansicht sind, sie hätten eine Anruferlaubnis erhalten, müssen dies in dem System vermerken (sobald sie die Erlaubnis erhalten, nicht erst beim Anruf). So könnte man auch abfragen, wer meint, diese Erlaubnis von einem erhalten zu haben – und sie natürlich auch auf diesem Weg widerrufen. Und nach einer Übergangszeit (ca. drei Jahre) gilt: Kein Anruf mehr, ohne dass die Erlaubnis vorher im System registriert wurde. Das kann das System sogar als technische Sperre realisieren. Für den Erhalt der Anruferlaubnis tragen die Firmen die Nachweispflicht. Verstöße werden mit Bußgeld geahndet.

Verfahren der Erlaubniserteilung

Die Erteilung solcher Erlaubnisse im Internet sollte mangels Überprüfbarkeit geeignet gestaltet werden. Es bietet sich an, derartige Einverständniserklärungen per E-Mail mit entsprechendem Link bestätigen zu lassen. Denkbar wäre auch, dass Firmen dies an einen (akkreditierten) Dienstleister, eventuell sogar die Aufsichtsbehörde auslagern müssen (den Versand der Mail, nicht nur den Link). Es bleibt das Problem, dass man E-Mail-Adresseb in großer Menge erzeugen und damit beliebige Nummern bestätigen kann. Allerdings möchte wohl niemand in derart großem Umfang Spuren legen. Und auch dann könnte man das Unternehmen bei massivem Missbrauch (durch einen nicht feststellbaren Täter) in die Haftung nehmen, denn im Gegensatz zur Verifizierungsinstanz hat es die Möglichkeit, E-Mail-Adressen Kunden (also real existierenden postalischen Adressen) zuzuordnen.

Vorabansage

Solche Anrufer könnten auch verpflichtet werden, eine Ansage wie bei den Abzocknummern abzuspielen (könnte die Telefongesellschaft übernehmen): Dies ist ein Werbeanruf der Firma X im Auftrag der Firma Y. Sie haben angeblich am ... gegenüber der Firma Z in derartige Werbeanrufe eingewilligt. Wenn Sie das Gespräch annehmen möchten, bleiben Sie bitte dran. Wenn Sie glauben, dass Sie keine derartige Einwilligung erteilt haben, können Sie gegen diesen Anruf vorgehen, siehe www.unerlaubte-werbeanrufe.de.

Damit wäre das Problem der Identitätsverschleierung im Gespräch (unabhängig vor der späteren Ermittelbarkeit des Anrufers) halbwegs gelöst.

Fazit

Natürlich verprellte das Angerufene, aber warum sollten diese Leute in der rechtlichen Grauzone die Möglichkeit bekommen, ihr dunkles Gewerbe möglichst kostengünstig und ärgerminimal abzuwickeln, und das auf Kosten der Verbraucher?

Der technische Aufwand für die Unternehmen ist gering, die müssen nur einmal die entsprechenden Telefonanschlüsse umschalten lassen. Aufwändig wäre schon eher die Vorabansage, wem gegenüber die Einverständniserklärung erteilt worden sein soll – aber warum soll ein Unternehmen sich darüber nicht vor einem Anruf Gedanken machen müssen? Das würde dann sowieso von der IT erfasst. Auch diese Maßnahme würde keinesfalls den zumutbaren technischen Rahmen sprengen.